Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)
ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642
Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel Ende eines chiffrierten Abschnittes bieten ähnliche Möglichkeiten, besonders wenn die Codierung mitten im Satz beginnt oder endet. Auch bei der Rekonstruktion von Chiffren mit Hilfe von beiliegenden Auflösungen sind eingestreute Klartextwörter von großer Hilfe, weil sie die Zuordnung der Zeichen erleichtern. Es ist ja zunächst nicht erkennbar, wieweit die Geheimelemente einzelne Buchstaben oder ganze Wörter darstellen. Schwierigkeiten gibt es auch, wenn die Geheimzeichen so aneinandergereiht werden, daß Ziffern- und Buchstabenkombinationen nicht als Einheit erkannt werden. Beispiel: op2ol2n312535933573723tas534725 he4oetosh2221231 lplecop 18196734n31 m3915181924252oc21231132xh26 Das Beispiel stammt aus einem mit Code D verschlüsselten Schreiben16) und ist so zu lesen: op 20 12 n 31 25 35 9 3 35 7 37 23 tas 53 47 25 CO P i a s s u b d u c t u ba ro ni s copias sub ductu baronis he 40 e tos h 22 21 23 11 ple C op 18 19 6 7 34 n 31 de la m bo y n 0 V i te r co 1 1 e c t a s de Lamboy noviter collectas m 39 15 18 19 24 25 20 c 21 23 11 32 X h 26 e X i 1 1 i s P r 0 V i n c y s ex illis provincys Der kaiserliche Ziffernsekretär hat mit dieser Schreibweise einem möglichen Interzeptanten die Arbeit schwer gemacht. Schönburgs Sekretär war in dieser Hinsicht viel entgegenkommender: Er schrieb nicht nur gestochen sauber, er setzte auch Punkte zwischen die einzelnen Buchstaben- und Ziffernkombinationen, trennte die Wörter durch Kommata voneinander ab und vergaß auch nicht, am Zeilenende die Silbentrennung zu markieren. Dabei ist das Aneinanderhängen der Geheimelemente für den Dechiffreur keine große Erschwernis. Er gewöhnt sich nämlich schnell an die vom Sekretär des Absenders bevorzugt verwendeten Einheiten. Das Kryptogramm, aus dem das obige Beispiel stammt, besteht hauptsächlich aus zweistelligen Zahlen mit ausgeprägten Präferenzen. Buchstaben und einstellige Zahlen kommen viel seltener vor, vorwiegend dort, wo die Chif16) Ferdinand III. an den Kardinalinfanten Fernando, 20. Februar 1640, Belg. Korr., Schachtel 19, Nr. 76. 113