Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642

Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel Code C Code C war, wie bereits erwähnt, von Carretto aus Genua nach Wien geschickt worden. Er war zunächst als Provisorium für die geheime Korrespondenz der kaiserlichen Botschaft in Madrid gedacht, wurde aber noch mindestens das ganze Jahr 1642 hindurch benutzt, obwohl der Gesandte bereits im Januar 1642 einen neuen Schlüssel aus Wien erhalten hatte9). Offensichtlich hatte sich Code C bewährt. Carretto bediente sich in seinen Briefen ausschließlich des Italieni­schen. Für diese vokalreiche Sprache ist Code C gut geeignet, weil er neben den Geheimelementen für Einzelbuchstaben auch noch einen ausgedehnten Silbenschlüssel bereithält, in dem die Vokale eine be­sondere Berücksichtigung finden. In der Reihe 45 bis 164 kommt je­der der fünf Vokale 24 Mal vor, wogegen jeder Konsonant nur zehn Mal erscheint (vgl. Dechiffrierliste S. 125-125a). In der Reihe 1 bis 48 sind alle Buchstaben des Alphabets, Konsonanten wie Vokale, je zwei­mal vertreten. Die Vokale sind zusätzlich noch einmal durch Fanta­siezeichen dargestellt. Das zweistellige Silbensystem kommt dem Ita­lienischen in hervorragender Weise entgegen, wie das folgende Bei­spiel zeigt: 83 22 12 e 38 141 58 18 V 140 53 90 no n h a V en do i 0 an co ra non havendo io ancora 88 104 103 86 81 36 90 91 96 132 91 po tu to pe ne t ra re se il re potuto penetrare se il re 12 0 2 18 0 71 36 103 132 77 V 38 V 103 h a bb i a le t to il mi ovo to habbia letto il mio 1 voto10 ') Das System der Zuordnung der fünf Vokale zu immer derselben Zif­fer zwischen 0 und 4 oder 5 und 9 in der Einerreihe der Zahlen zwi­schen 45 und 164 erleichterte dem Sekretär die Verschlüsselung sehr, ebenso die alphabetische Anordnung der Konsonanten, die zwischen 45 und 104 im Silbenanlaut und ab 105 im Silbenauslaut stehen. Das 9) Carretto an Ferdinand III., 24. Jänner 1642, Spanien, Dipl. Korr., Karton 25, Konv. 2, fol. 44-53. Carrettos Korrespondenz mit der Reichskanzlei in den Jahren 1641 und 1642 befindet sich in Kart. 25-26 und in Spanien, Faria, Fasz. 10, Konv. 8. Wieweit Code C über das Jahr 1642 hinaus benutzt wurde, kann ich aus den von mir bearbeiteten Akten nicht ersehen. 10) Passage aus einem Schreiben Carrettos an Ferdinand III. vom 19. Juni 1642, Spa­nien, Dipl. Korr., Karton 25, Konv. 3, fol. 390-395. 107

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