Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 41. (1990)

AGSTNER, Rudolf: Das Hôtel Matignon als k. u. k. Botschaft in Paris 1889–1914

Rudolf Agstner „Die Frau Herzogin hat nun Se. Majestät um die a. H. Zustimmung zu dieser Testierung - respective um die seinerzeitige Annahme des Legates gebeten. - Auf diese mündliche Bitte haben Se. Majestät - in der Absicht vorher die Meinung des Grafen Kálnoky einzu­holen, - der Herzogin keine definitive Antwort erteilt, sondern ihr versprochen... die a. H. Schließfassung brieflich nach Genua... mitzuteilen. Graf Kálnoky hatte zwar an­fangs einige Bedenken, da die Erhaltung dieses großen Palais seinerzeit viel kosten dürfte, und auch die derartige Erwerbung einer Realität mit Rücksicht auf die dualisti­sche Gestalt unserer Monarchie einst vielleicht Schwierigkeiten hervorrufen könnte: - das Endresultat dieser pourparlers geht jedoch kurz gefaßt dahin, daß sowohl Graf K. als auch Se. Majestät der Ansicht sind, der Frau Herzogin die erbetene a. H. Zustimmung ohne Anstand zu ertheilen, indem hiedurch nichts präjudiciert wird, - und es der öster­reichisch-ungarischen Regierung seinerzeit (wenn nämlich nach dem Tode der Herzo­gin die Testierung zum Vollzug gelangen soll) immerhin noch unbenommen bleibt dieses Legat anzunehmen oder nicht.“ Braun erhält den Auftrag, der Herzogin „einen schönen französischen Brief zu schreiben, worin ihr mit voller Bereitwilligkeit die von Sr. Majestät gelegentlich der jüngsten Audienz mündlich erbetene a. H. Zustim­mung zu der beabsichtigten Testierung des fraglichen Palais für die österreichisch­ungarische Regierung mit der Widmung als Botschaftspalais von Eurer Excellenz im a. H. Aufträge bekanntzugeben, sowie auch die Erfüllung ihres weiteren hieran geknüpf­ten Wunsches, daß nämlich diese ganze Sache als Geheimniß bewahrt werden soll, zugesagt wird... “ Der Rabinettsdirektor wird auch über die zweite Bitte der Herzogin, die ihren Sohn betraf, informiert: „... Derselbe soll eine Art Sonderling sein, der weder an dem Vermögen seines verstor­benen Vaters participieren noch dessen Namen führen wiß (da wie es heißt über die wirkliche Vaterschaft einige Zweifel obwalten sollen41)). Dagegen soll er ein großer Freund von Österreich sein, die österreichische Staatsbürgerschaft erworben und sich sodann von einem alten pensionierten Obersten La Rénotiére von Kriegsfeld42) in Wien haben adoptieren lassen, wonach er nun den Namen Larénotiére-Ferrary führt. - Auch habe er in Österreich einen intimen Freund erworben, der ihm einst große Dienste leistete, und der nun von demselben Obersten adoptiert wurde. - Um aber dieses Adop- tiv-Bruderschaftsverhältnis noch inniger zu gestalten, seien sie nach Serbien gereist, um in dieser Richtung nach den dortigen Gesetzen etwas durchzuführen, was aber bei unse­rem Consulate in Belgrad einigen Anständen begegnete. All dieses ist in einer ... Ein­gabe dieses Sohnes... kurz berührt, worin derselbe... auch seine Zustimmung zur Te­stierungs-Absicht seiner Mutter ausspricht. Die Herzogin hat diese Eingabe - von deren Inhalt sie angeblich keine Kenntniß hatte - Se. Majestät in einem verschlossenen Cou­41) Brühl erwähnt zur damaligen Zeit kursierende Gerüchte, daß Philippe aus einer Liaison der Herzogin mit Emmanuel de la Renotiére stamme oder ein Sohn Kaiser Franz Josephs sei. 42) *1825 Leipnik/Mähren, t26. November 1888 Wien/Hernals; 1840 Kadett, Ober­leutnant im Inf.Reg. 43,21. März - 16. August 1848 Kriegsgefangener in Oberitalien, 1851 Dienst quittiert, zuletzt Buchhalter der Telegraphenverwaltung. Die de la Renotiére wa­ren hugenottischer Abstammung. Joseph II. erhebt am 11. Mai 1782 Carl de Larenotiére, „Ober-Lieutenant des Franz Xaver Harrach’schen Infanterie-Regiments“ in den soge­nannten Schwertadel (AVA; Adelsakt La Renotiére); das Wiener Genealogische Taschen­buch, Wien 1931/32, 4.Band, 112 verzeichnet den Sohn „Philipp Arnold“, geboren l.Mai 1850 Heidelberg [sic!]. 224

Next

/
Oldalképek
Tartalom