Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)

SCHMIDL, Erwin A.: Die Aufzeichnungen Julius Fleißigs über seine Teilnahme am mexikanischen Abenteuer Kaiser Maximilians, 1864–1867

264 Erwin A. Schmidl sehen) und einen Verwundeten (ich glaube, Oberjäger Bosch28) von der 6. Com­pagnie): Steckschuß in die Nase. Wir hatten auch hier einmal durch einige Wochen mit dem General des Gegners, Ortega, einen Waffenstillstand ge­schlossen29). Während dieser Zeit sind nicht nur allein die Offiziere, sondern auch Mannschaft unserer Gegner nach Zacapoaxtla gekommen, um sich an unseren Unterhaltungen zu beteiligen. Wir Österreicher“) waren überhaupt unter der Bevölkerung sehr beliebt, was die Franzosen von sich nicht sagen können. Schon während der ersten Zeit unseres Aufenthaltes in Zacapoaxtla sind die einzelnen Commandanten wiederholt aufgefordert worden, Beförderungsvor­schläge zu Offizieren einzubringen. Jedesmal hat mich mein Hauptmann Krikl prima [!] loco in Vorschlag gebracht, doch ohne zum Offizier ernannt zu werden. Nachdem ich nun dreimal schon vorgeschlagen war und nicht ernannt wurde, hat mich dann mein Hauptmann auf Grund eines pro memoria zur Übersetzung zum Cadetten vorgeschlagen, und wurde ich dann auch sofort zum Cadetten übersetzt30). Der Kadét hatte nicht nur die höchste Mannschafts- Löhnung, sondern auch manche andere Benefizien. Um den 20. September (65) sollte das Unabhängigkeitsfest (zur Befreiung vom spanischen Joch ungefähr 1820 oder 1821) gefeiert werden31), und zu dieser Feier wurde die 7. Compagnie (damals die „eiserne“ genannt) nach Puebla einberufen. Die Feier war sehr schön und vornehmlich für mich interessant, als ich, als ein ziemlich großer Mann32) (ich war einer der letzten Grenadiere in 2B) Alois von Bosch (geb. 1829) wurde am 13. August 1865 mit der bronzenen Militär- Verdienstmedaille für sein tapferes Benehmen vör dem Feinde ausgezeichnet. Ein Jahr später wurde er bei Tlapacoyan kriegsgefangen, konnte entkommen, wurde aber neuerlich aufgegriffen und erst am 3. November 1866 ausgetauscht (KA/M Grundbuch 10/29). 29) Dieser Waffenstillstand mit General Fernando Maria Ortega dauerte nur wenige Wochen und wurde von ihm mit Wirkung vom 15. Juli 1865 gekündigt. Obwohl Ortega den Waffenstillstand zur Konsolidierung seiner Kräfte genützt hatte, gelang es den Kaiserlichen unter General Graf Thun in der anschließenden Offensive, große Erfolge zu erzielen. In den folgenden Monaten wurden weite Landstriche der Sierra wie auch der „Tierra caliente“ um Misantla und Papantla (im Dezember 1865 bzw. Jänner 1866) besetzt. Vgl. dazu Gamillscheg Kaiseradler 156-160. 30) Laut Grundbuchsblatt (wie Anm. 3) wurde Fleißig mit 6. November 1865 zum Kadetten ernannt. 31) Gemeint ist hier wohl nicht der auch heute als Nationalfeiertag gefeierte Jahrestag des Freiheitsrufes von Dolores („el grito de Dolores“) am 16. September 1810 - dieser Aufstandsversuch des Pfarrers Miguel Hidalgo konnte von der spanischen Kolonialver­waltung niedergeschlagen werden —, sondern eine Feier zum Gedenken an 1821, als Mexiko endgültig seine Unabhängigkeit erlangte: Höchstwahrscheinlich bezogen sich die Feiern auf den Einzug Iturbides in die Hauptstadt México am 27. September 1821. Maximilian versuchte ja bewußt eine Anknüpfung an das erste mexikanische Kaiserreich Iturbides, während die heutige Republik die Rolle Agustín I. Iturbides, der nur wenige Jahre zuvor noch auf spanischer Seite gegen die Revolutionäre gekämpft hatte, weniger hervorhebt. (Für seine Hilfe bei der Klärung dieser Frage bin ich dem Kulturattaché an der mexikanischen Botschaft in Wien, Herrn Juan Muino-Kielman, zu Dank ver­pflichtet.) 32) Laut Grundbuchsblatt (wie Anm. 3) war Julius Fleißig 1,77 m groß, hatte braune Haare und blaue Augen.

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