Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)
HUMMELBERGER, Walter: Ein wallonisches Pasquill über die Türken vor Wien im Jahre 1683
274 Walter Hummelberger der Nordost-Face26) der Burgbastion am 4. September, mit der zugleich ein zweistündiger, ununterbrochener Einbruchsversuch in die riesige Bresche verbunden war, und des Auffliegens der Minen an der Spitze sowie der Nordwest-Face der Löblbastion am 6. und 8. September. In allen Fällen gelang ein mit hohen Eigenverlusten erkaufter Abwehrerfolg. Mit Zeile 243 enden die unmittelbaren Kampfschilderungen, wobei ebenso wie in der Relation betont wird, daß die Janitscharen und die Mineure bis zum letzten Augenblick in den Gräben und den Stollen ausharrten. Der Tag des Entsatzes brachte den Verteidigern, obgleich sie die Kolonnen der Befreier von den Hängen des Wienerwaldes herabkommen sahen, noch immer keine Kampfeinstellung. Im Gegenteil, die Türken feuerten ohne Unterlaß aus allen Rohren, bis sie plötzlich .erstarrten' („Mais tout á coup iis furent glacés")27), als sie ihre Kavallerie vor ,dem Herzog von Lothringen und dem König von Polen auf dem anderen Flügel' fliehen sahen. Selbstverständlich wird der riesigen Beute und der vielen Gefangenen gedacht, wobei der Autor mit Bedauern von deren Leiden und mit Abscheu von den Grausamkeiten gegen diese nach beendigtem Kampf spricht28 * 30 * * * *). Wie zu Beginn, so steht auch am Schluß der Dank an Gott, daß er .Wien solcherart erlöst hat, was gewiß die Gebete des Kapuzinerpaters (Marco d’Aviano) verursacht haben'. Das soldatische Prestige der Wallonen in der kaiserlichen Armee im 17. Jahrhundert wird wohl am eindrucksvollsten in Schillers Wallensteins Lager veranschaulicht2B): „Marketenderin: s’ist ein Walion! Respekt vor dem! Von des Pappenheims Kürassieren! Erster Kürassier: Sie wollen uns in die Niederland’ leihen; Kürassiere, Jäger, reitende Schützen, sollen achttausend Mann aufsitzen. Zweiter Kürassier (zu den Dragonern): Ihr Buttlerischen sollt auch mitreiten. Erster Kürassier: Und absonderlich wir Wallonen. Marketenderin: Ei, das sind ja die allerbesten Schwadronen!“ Eine Untersuchung über wallonische Regimenter oder solche mit besonders großem wallonischem Anteil in diesem Zeitraum existiert nichtso). 26) Die beiden Facen an der Spitze vereint bildeten den Bastionswinkel (Saillant), deren Verbindung zum Wall durch die beiden meist senkrechten und kurzen Flanken erfolgte. 27) Transkription Zeilen 232—-247. 28) Transkription Zeilen 264—278. 28) Elfter Auftritt, Zeilen 691—698 (in der Ausgabe des Bibliographischen Instituts, hg. von Ludwig Bellermann [Leipzig o. J.] 56 f). 30) — s — Die niederländischen Truppen Österreichs (mit Benützung belgischer Quellen) in Organ der Militär-wissenschaftlichen Vereine 54 (Wien 1897) 361—370; diese Arbeit beginnt erst mit der im Jahre 1706 befohlenen Aufstellung von sieben Infanterie- und drei Kavallerieregimentern in den ehemaligen spanischen Niederlanden.