Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

KÖHBACH, Markus: Ein diplomatischer Rangstreit in Istanbul im Jahre 1587

266 Markus Köhbach Auseinandersetzung geworden war, zu schließen. Die katholischen Gesandt­schaften mußten sich zur Meßfeier in andere Kirchen begeben, sofeme sie nicht überhaupt den Gottesdienst in den Räumen ihres Quartiers abhalten ließen. Zwar hatte Lanscosmes gedroht, auch nach der Schließung von San Francesco dem kaiserlichen Gesandten in anderen Kirchen den Ehrenplatz streitig machen zu wollen, doch scheint er davon abgekommen zu sein, vielleicht unter dem Druck der osmanischen Behörden. Aus Pezzens Bericht wissen wir, daß im Jahre 1588 die kaiserliche Gesandtschaft das Osterfest am 7. April in der Kirche Beata Maria15), die Franzosen in Santa Anna feierten16), während der venezianische Bailo, der nach Pezzens Bericht sonst mit den Franzosen in der Kirche Beata Maria die Messe zu besuchen pflegte17), diesmal die Kirche von San Pietro18 19) aufsuchte, um seine neutrale Haltung in diesem Steit zu demon­strieren. Die osmanischen Behörden waren willens, die gesperrte Kirche überhaupt dem christlichen Gottesdienst zu entziehen und sie in eine Moschee unzuwandeln. Pezzen, der Bailo und der ragusanische Gesandte intervenierten unmittelbar nach den geschilderten Vorfällen wegen der Öffnung der Kirche, dem Beyler- beyi von Rumeli wurden 5000 Dukaten verehrt, um der Bitte Nachdruck zu verleihen. Man vertröstete die Bittsteller auf das nächste Osterfest; Lans­cosmes selbst erklärte, er wolle dem Sultan persönlich eine Bittschrift überrei­chen18). Die Osmanen trafen aber keine Anstalten, die Kirche wieder zu öffnen, 15) Über die am 1. Januar 1584 von Clara Bartola Draperis gestiftete und von Papst Gregor XIII. in seiner Bulle „Sicut nobis exponi fecistis“ vom 8. März 1585 bestätigte Kirche Santa Maria Draperis, die sich im Viertel von Mumhane in Galata befand und 1660 abbrannte, siehe Belin Histoire de la Latinité 272-275; Schneider - Nomidis Galata 24 f. 16) Die Kirche von Santa Anna befand sich in der Nähe von San Francesco und wurde mit dieser 1697 von den Osmanen konfisziert; siehe Belin Histoire de la Latinité 317-321; Schneider — Nomidis Galata 22. 17) Pezzens Bericht von 1588 April 21: HHStA Turcica 66 (1588 April/Juni) fol. 125rv: „Die Kirchen bei St. Francisco, so auf dise vergangene Ostem hette sollen eröffnet werden, ist auf dise Stundt noch zugesperrt, und nunmehr alle Hofnung verlohren, doch gibt der Französische Orator für, er wolle in aigner person deswegen dem Sulthano das erstemal, da Er auf das gejagt reitet, ain supplication presentieren“. 18) Zur Dominikanerkirche San Pietro e Paolo siehe Belin Histoire de la Latinité 218-231; Schneider - Nomidis Galata 26. 19) Pezzens Berichte von 1587 August 14, September 2 und 1588 April 21: HHStA Turcica 62 (1587 August) fol. 80v-88r, 63 (1587 September/Oktober) fol. lOOv, 66 (1588 April/Juni) fol. 125rv. Nach Lubenau 2. Teil, 1. Lieferung 16 konnten Pezzen, der venezianische Bailo und die anderen Italiener die Konfiskation der Kirche abwehren, allerdings mußte Lanscosmes ein Bußgeld von 20.000 Dukaten bezahlen. Ähnlich äußert sich Heberer 315: „Es ist auch solche Kirch, dieweil ich zu Constantinopel gewesen, also verschlossen blieben. Ich hab aber seithero gehoert, daß sie durch vorbitt der Christen und erlegung etlich Tausend Ducaten von dem Groß-Tuercken wider erlaubet worden zu oeffnen und zugebrauchen“. Ernest Charriére Négociations de la France dans le Levant 4 (Paris 1860) 638 zitiert aus einem Brief des französischen Geschäftsträ­gers in Venedig, Seigneur de Maisse, vom 12. Januar 1588: „Lüne des faveurs qu’il me dist avoir esté faict á leurs bailles a esté que le Gfrand] Sfeigneur], ä leur requeste, avoit

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