Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)
WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels
114 Franz Weiling Lehrer war ein Gehalt von 600 fl. festgesetzt9). Mehrere Anträge zur Bewilligung von Einrichtungsgegenständen sowie mathematischen und physikalischen Instrumenten sind noch erhalten. Unter den zum angegebenen Termin eingestellten Professoren aus dem Piaristen-Orden befanden sich der Philosoph und Bibliothekar P. Joseph Calasanz Likawetz (1773—1850) sowie der Mathematiker und Physiker P. Cassian Hallaschka (1780—1847). Likawetz trug in Brünn Theoretische und praktische Philosophie vor. Er wurde 1815 in gleicher Eigenschaft an das Philosophische Lyzeum nach Graz berufen, wo er 1827/28 erster Rektor der renovierten Universität wurde. Seine fünfbändigen Elementa philosophiae10) dienten lange als offizielles Lehrbuch der Philosophie auch an den Universitäten11). Hallaschka, Verfasser bemerkenswerter wissenschaftlicher Arbeiten, vertrat in Brünn die physikalische Lehrkanzel. Er hatte sich bereits an seiner vorausgegangenen Wirkungsstätte Nikolsburg (Mikulov) mit astronomischen Studien befaßt. In Brünn wurde für ihn eine kleine Sternwarte erbaut. Im Jahre 1814 wurde er als Professor der Physik und angewandten Mathematik an die Universität Prag sowie 1833 als Ordinarius für Physik an die Universität Wien und zugleich als Regierungsrat, später Hofrat, in die Studien-Hofkommission berufen, deren philosophischem Referat er Vorstand12). Praktisch alle, die Brünner Anstalt betreffenden Protokolle und Dekret-Entwürfe aus dieser Zeit sind von ihm geschrieben und tragen seine Unterschrift. n Nach Ablauf von zehn Jahren erhielt die Landesstelle Brünn mit Hofdekret vom 6. Januar 1818 den Auftrag, festzustellen, ob die drei mährischen Ordensstifte weiterhin interessiert seien, die Brünner Philosophische Lehran9) Dekret der StHK von 1808 Oktober 29. Mit Dekret von 1808 Dezember 24 bestimmte die gleiche Behörde, „daß der Gehalt der Lehrer dem Rector allein anzuweisen sey, welcher für den Unterhalt dieser geistlichen Comunität zu sorgen und denen Individuen doch eine angemessene Remuneration auf Anschaffung einiger Bücher zu geben hat“. Mai 1815 erfuhr dieses Gehalt eine 50%ige Erhöhung, die gleichfalls von den mährischen Stiften zu tragen war: StHK 372 ZI. 853/1808, ZI. 1360/1808, ZI. 20306/1815). 10) Joseph Calasanz Likawetz Elementa philosophiae, in usum auditorum philosophiae adumbrata. 5 tom. (Brünn 1812-14, 2. Aufl. Graecii 1818-20). u) Vgl. etwa die Vorlesungsverzeichnisse der Universität Wien. — Weitere biographische Angaben siehe Joh. Jak. Heinrich Czikann Die lebenden Schriftsteller Mährens (Brünn 1812) 98f; Constant v. Wurzbach Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich (BLÖ) 15 (Wien 1866) 190f; österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 (ÖBL) 5 (Graz-Köln 1972) 213. 12) Christian d’Elvert Geschichte der Studien-, Schul- und Erziehungs-Anstalten in Mähren und Oesterr. Schlesien (Brünn 1857) 173, 351; dsbe Zur Cultur-Geschichte Mährens und Oest. Schlesiens (Brünn 1868) 155, 173. Weitere biographische Angaben siehe Wurzbach BLÖ 7 (1861) 239f; ÖBL 2 (1959) 160; Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder (BLB) 2 (München-Wien 1979) 517.