Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

BOSMANS, Jac: Ausländische Präsenz in Österreich während des Genfer Sanierungswerkes 1922–1926

302 Jac Bosnians Land werde hingegen auf geringeren Widerstand stoßen49). Dabei dachte man konkret an den Vizepräsidenten der Schweizer Nationalbank in Bern, Charles Schnyder von Wartensee, den man von Genf aus schon als Bankprä­sidenten vorgeschlagen hatte, als Janssen verzichtete50). Schnyder war be­reits mehr als zwanzig Jahre im Bankgeschäft tätig und verfügte über große internationale Erfahrung51). Zimmerman war mit seiner Ernennung einverstanden. Vor seinem ersten Kontakt mit dem Generalkommissär, Anfang Februar, hatte Schnyder bereits mit einigen Ministern und mit der Bankleitung in Wien gesprochen. Bei die­ser Gelegenheit wurde ihm zu verstehen gegeben, daß die Ernennung des Be­raters von den Kreditoren und dem Generalkommissär den Österreichern aufgedrängt worden war. Im Gespräch über das Honorar hatte man den Ein­druck erweckt, daß man nicht zur Bezahlung eines stattlichen Gehaltes be­reit wäre. Reisch hatte durchblicken lassen, daß er sich persönlich durch die bevorstehende Ernennung gekränkt fühle. Schnyder war aus Wien abgereist in dem Glauben, daß man von ihm erwarte, er solle die Aufsicht möglichst einschränken und sich auf keinen Fall eingehender mit den täglichen Bank­geschäften befassen52). Dies war für Zimmerman ein Zeichen dafür, daß der Berater den Österrei­chern im Wege war und sie ihn loswerden wollten53). Deshalb unterbreitete er in London den Vorschlag, Kienböck und Reisch, die dort wegen der Kre­ditverhandlungen weilten, mögen den Vertretern der Kreditoren gegenüber schriftlich erklären, daß sie der Ernennung des Beraters nichts in den Weg legen und alles Mögliche unternehmen würden, damit man die Änderung der Satzungen genehmige. Weil die Änderung viel Zeit in Anspruch nehmen konnte, schien es Zimmerman außerdem besser, einen äußersten Termin fest­zusetzen; bei Überschreitung dieses Termins werde er so lange kein Geld zur Verfügung stellen, bis die Angelegenheit geregelt sei54). In London übernahm man tatsächlich den ersten Teil des Vorschlages Zim­mermans. Kienböck und Reisch sollten sich überdies mit den Gehaltswün­schen Schnyders einverstanden erklären. Ob Zimmerman die Regierung tat­49) C7 5/2-2: Niemeyer an Zimmerman, nicht datiert (zwischen 1923 Januar 13 und 17). 50) S59/Bank adviser: Note Monnets an Niemeyer, 1922 Dezember 22. 51) Horst Zimmermann Die Schweiz und Österreich während der Zwischen­kriegszeit. Eine Studie und Dokumentation internationaler Beziehungen im Schatten der Großmächte (Wiesbaden 1973) 244. 52) C7 5/2-2: Salter an Zimmerman, 1923 Februar 10. 53) Daß Zimmerman recht hatte, geht aus einer Mitteüung Pantaleonis an Orsini- Baroni hervor, wonach namentlich der Außenminister Grünberger sich gegen die Er­richtung der Beraterschaft ausgesprochen habe: Telegramm Orsini-Baronis an Musso­lini, 1923 März 24, in I Documenti Diplomatici Italiani 1 457 n. 643. 54) C7 5/2-2: Zimmerman an Niemeyer, 1923 Februar 14.

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