Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

8 Heide Dienst der Bischof die Peterskirche (mit den zugehörigen Rechten, worunter auch der Zehent zu verstehen ist) gegen genannte Entschädigung durch liegende Güter19). Im Wiener Falle wissen wir von zwei Ausfertigungen, im gegen­ständlichen Greifensteiner Ausgleich halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß zumindest auch der Bischof von Passau ein Exemplar des Vertrages be­sessen hat: Auf einem Einzelblatt, vielleicht Teil eines verlorenen Kopialbu- ches, das vor 1827 zum Passauer Traditionsbuch gebunden worden ist, findet sich unsere Urkunde eingetragen, ein zweites Mal im Kopialbuch20). Es wäre nun denkbar, daß vielleicht die eine Eintragung von einem Konzept, die an­dere von einem Original erfolgt ist. Ferner ist unklar, ob das Klostemeubur- ger Stück aus dem Babenberger-Archiv oder aus dem Archiv des Stiftes stammt; Mitis hat es dem Babenberger-Archiv zugerechnet21). Es ist viel­leicht etwas weit hergeholt und unbeweisbar, liegt aber doch im Bereich der Möglichkeit, daß die Formulierung der Publicatio im Plural („notificamus“) im Hinblick auf die drei „Aussteller“ gewählt worden ist. Auffällig ist in al­len diesen Stücken, ganz besonders aber im Greifensteiner Vertrag, die oft­malige Beteuerung des kanonischen Vorgehens. Es ist durch den Sprachge­brauch nicht eindeutig festzustellen, ob es sich dabei um eine allgemeine Formel für ein Vorgehen im Sinne der Reformkirche handelte oder ob der 19) Über die Bestimmungen des Vertrages von Mautern im einzelnen vgl. zuletzt Richard Perger Die Grundherren im mittelalterlichen Wien in Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 19-20 (1963-64) 51 ff; Klaus Lohrmann Die Besitzge­schichte des Wiener Raumes vom Ausgang des 11. Jahrhunderts bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts, ebenda 35 (1979) 44ff; über die Zehentfrage kurz 45. 20) Vermutlich unter Otto von Lonsdorf wurden Traditions- und Kopialbuch verei­nigt, vor 1827 unter Verwirrung der bisherigen Ordnung wieder getrennt; vgl. Heu­wies er Trad. Passau Einleitung XVI. Damals wurde ein Einzelblatt mit Kopien des späteren 12. Jahrhunderts von drei Urkunden dem Traditionsbuch beigebunden; die erste ist der Greifensteiner Vertrag, alle handeln von Zehentangelegenheiten. Unser Vertrag wurde mit dem Traditionsbuch in den Monumenta Boica ediert (MB 28 b [Mo­nachii 1829] 93 n. 124), ebenso wie eine zweite Überlieferung im Kopialbuch (ebenda 101 n. 3); von der Mauterner Urkunde für Michaelbeuem ist keine Passauer Überliefe­rung bekannt. Die Tatsache, daß der Text ohne Zeugennamen überliefert ist, könnte auch für eine Eintragung nach einem Konzept sprechen, denn es ist aufgrund der son­stigen Handhabung von Textabschriften unwahrscheinlich, daß die Namen als zum Zeitpunkt der Eintragung bereits unerheblich weggelassen worden sind. In unserem Zusammenhang ist vielleicht noch anzumerken, daß in der dritten Urkunde des Ein­zelblattes, einen Vergleich Bischof Diepolds mit Walchun von Stein um das Jahr 1180 betreffend, bereits der Passauer Zehenthof (d. h. seine Einkünfte) in Tulln weiterver­liehen wurde. Über die Feudalisierung der Zehente seit dem ausgehenden 12. Jahrhun­dert vgl. Willibald Plöchl Das kirchliche Zehentwesen in Niederösterreich. Ein Bei­trag zur mittelalterlichen Rechtsgeschichte und zur Geschichte Österreichs (Forschun­gen zur Landeskunde von Niederösterreich 5, 1935) 64 ff, 100 ff. 21) Von einer 1179/80 erfolgten Numerierung der Urkunden des Babenberger-Ar­chivs in Klosterneuburg wurden nur Herrscherdiplome betroffen; vgl. Oskar v. Mitis Studien zum älteren österreichischen Urkundenwesen (Wien 1912) 262f; die von Mitis 269 zusammengestellte Liste der „Urkunden des Babenberger-Archivs“ orientierte sich für alle anderen darin aufgenommenen Urkunden nach Betreffen, bei unserem Vertrag wurde als „Empfänger“ Klosterneuburg angegeben.

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