Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

2 Heide Dienst ständnisses der Reformer3) führte letztlich auch zu dem Zusammenstoß zwi­schen dem Bischof von Passau und dem Markgrafen von Österreich in der Zehentfrage, der durch das Ausgleichsdokument von 1135 zumindest theore­tisch beigelegt worden ist: Im Klosterneuburger Stiftsarchiv ist eine mit einem eingehängten Rundsiegel Bischof Reginmars von Passau (1121—1138) versehene Urkunde erhalten, die allem Anschein nach zwischen dem 13. und 24. September 1135 in der Pas- sauischen Burg Greifenstein verfaßt worden ist4). Ihr „Aussteller“ ist nun nicht Bischof Reginmar, sondern es wird nach einer Invocatio in der Art der Herrscherdiplome5) und nach einer Publicatio in Pluralform, die sich in Tra­ditionsnotizen häufig findet6), festgestellt, daß der ehrwürdige Fürst Mark­graf Leopold auf den bisher innegehabten Besitz der Zehente der Pfarren Klosterneuburg, Niederhollabrunn, Gars, Altpölla, Eggendorf im Thale, 3) Vgl. die einfache Formel bei Honorius Augustodunensis Summa Gloria de Apostolico et Augusto (Migne PL 172 1261 sq): „quis demens contraibit divinae auc­toritati? En quanta voce praecipitur numerositati laicorum ut serviant devotioni cleri­corum: igitur si rusticus iure serviet diacono, tunc miles presbytero; et si miles pres­bytero, tunc princeps episcopo: et si princeps episcopo, tunc iustissime rex, qui utique est de numero laicorum, subiectus erit apostolico. Sed garruli fortassis tumido fastu contendunt regem non esse de numero laicorum, cum oleo sit unctus sacerdotum. Hos manifesta ratio insensatos deridet et imprudentium hominum ignorantiam per­specta veritas obmutescere faciet. Aut enim rex est laicus aut clericus? Si non est lai- cus, est clericus; et si est clericus, tunc aut est ostiarius aut lector aut exorcista aut acolythus aut subdiaconus aut diaconus aut presbyter aut episcopus. Si de his gradi­bus non est, tunc clericus non est. Porro si nec laicus nec clericus est, tunc monachus est; sed monachum eum esse excusat uxor et gladius. Vgl. dazu Richard W. Southern Kirche und Gesellschaft im Abendland des Mittelalters (Berlin-New York 1976) 22 ff. 4) Letzter Druck: Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich (künftig BUB) 4/1 (Wien 1968) 674, Datierung: „(1135) indictione XHI*, regnante Lo­thario tercio huius nominis imperatore, anno imperü eius XI.“ Die dreizehnte Indik­tion endete am 24. September; wenn man nun die Kaiserjahre Lothars der Berechnung zugrundelegt, so ergibt sich ein terminus a quo mit 13. September. Da tatsächlich aber die Königsjahre gezählt wurden, so ergäbe sich ein weiterer zeitlicher Spielraum ab dem 4. Juni. Mit Rücksicht auf das Datum der unten genannten Urkunde für Michael- beuem scheint mir die weitere zeitliche Begrenzung sinnvoller. 5) Chrismon, trinitarische Invokation. 6) „Christian? omnibus religionis amatoribus tam futuris quam presentibus notifi- camus, quod . . .“. Vgl. dazu etwa FRA 2/4 nn. 14, 16, 18, 19, 25-28, 31-34, 37, 42, 45, 49, 50, 53, 57 etc. (aus der ersten Lage des Klosterneuburger Traditionsbuches). Eine ähnliche Publikationsformel weist auch die unten Anm. 7 genannte Urkunde für Mi­chaelbeuern auf: „düectioni omnium tam futurorum quam presentium pio dominum patrem affectu colentium et debita humüitate matrem suam sanctam ecclesiam vene­rantium innotescimus, qualiter .. .“; allerdings geht das elegant stilisierte Büd der „Eltern“ Gott-Kirche über das in einem solchen Falle übliche Schema hinaus — die Wertung des Gegensatzpaares entspricht der von clericus-laicus wie in Anm. 3. Die meisten anderen Reginmar-Urkunden (Empfängerausfertigungen) beginnen in subjek­tiver Singularform, wie z. B. für Formbach 1122 (Urkundenbuch des Landes ob der Enns [künftig UBoE] 2, Wien 1856) 158 n. 105); vgl. dazu Lothar Groß Über das Ur­kundenwesen der Bischöfe von Passau im 12. und 13. Jahrhundert (MIÖG Erg. 8, 1911) 511; die Formbacher Urkunde enthält überdies gleich im ersten Satz die Siegelankün­digung.

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