Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)
EGGER, Rainer: Archivalien des Kriegsarchivs Wien über die Familie Papst Johannes Pauls II.
ARCHIV ALIEN DES KRIEGSARCHIVS WIEN ÜBER DIE FAMILIE PAPST JOHANNES PAULS II. Von Rainer Egger Zu den vielen genealogischen Anfragen, die laufend an das Wiener Kriegsarchiv gerichtet werden, gehören regelmäßig wiederkehrend auch Ersuchen um Nachforschungen nach aus Galizien stammenden Vorfahren von Emigranten, die heute zumeist in den Vereinigten Staaten von Amerika leben. Leider müssen viele dieser Anfragen negativ erledigt werden, da die Unterlagen der k.u.k. Ergänzungsbezirkskommanden in Galizien nach 1918 dort verblieben sind1). Es gibt aber immer wieder Fälle, in welchen die reichen Bestände des Kriegsarchivs doch Auskunft geben können über aus diesem Kronland stammende Militärs, insbesondere dann, wenn diese Personen, durch besondere Umstände bedingt, in den Wiener Zentralstellen „aktenkundig“ wurden. Ein solch günstiger Umstand ermöglicht es uns, ziemlich genaue Auskunft über die Abstammung und die Famüie des ersten aus Polen stammenden Papstes Johannes Paul II. zu geben. Der am 18. Mai 1920 in Wadowice, 50 Kilometer südwestlich von Krakau, geborene Karol Wojtyla2) stammt aus einer Famüie, die im alten Österreich ansässig war. Seine Geburtsstadt, eine mehrheitlich polnisch besiedelte Bezirksstadt im westlichen Galizien, gehörte mit diesem Kronland seit der ersten polnischen Teüung 1772 zu Österreich, sein Vater diente als Unteroffizier und dann als Militärbeamter im k.u.k. Heer. Im Jahre 1912 erwarb er ein „Zertifikat“ und mit diesem das Anrecht auf eine Stelle eines Zivil- oder Militärbeamten; diese Tatsache und die pedantisch genaue Bürokratie des k.u.k. Kriegsministeriums ermöglichen uns nun eine ziemlich eingehende Darstellung über die Familie des Heiligen Vaters3). ') Es ist nicht bekannt, ob diese Archivalien heute noch erhalten sind. 2) Vgl. dazu die Eintragung im Taufbuch der Pfarrkirche von Wadowice, Photokopie in: Jef De Roeck Der Mann aus Polen — Papst Johannes Paul II. (Düsseldorf 1978) 90. 3) Die hier herangezogenen Archivalien werden mit Ausnahme der Matriken vom Kriegsarchiv Wien verwahrt, sie stammen alle aus der Registratur des k.u.k. Kriegsministeriums (KM). Die wichtigsten Daten sind enthalten in dem Evidenthaltungsregister für Civildienstwerber unter n. 32.337 und in dem Aktenstück KM 1912 2/W. 39-245 (mit einer Abschrift des Grundbuchsblattes, der Konduiteliste sowie einer von Karl Wojtyla eigenhändig geschriebenen Probeschrift in deutscher und polnischer Sprache). Vgl. dazu auch: Pia Maria Plechl Belobt als Soldat und Beamter — Wiener Akten über Vater Wojtyla in Die Presse n. 9214, 1978 Dezember 7, 3 und Ernst Trost Der Papst aus einem fernen Land - Johannes Paul II. und seine Kirche (Wien 1979) 103-113.