Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)

BROUCEK, Peter: Der „Fall Bartels“. Zur nichtamtlichen österreichischen Militärhistoriographie über den Feldzug von 1859

DER „FALL BARTELS“ ZUR NICHTAMTLICHEN ÖSTERREICHISCHEN MILITÄRHISTORIOGRAPHIE UBER DEN FELDZUG VON 1859 Von Peter Broucek Eine Geschichte der österreichischen Militärgeschichtsschreibung ist in den Darstellungen der österreichischen Historiographie') bisher viel zu wenig be­rücksichtigt worden. Dies ist einerseits auf den Mangel an Vorarbeiten zu­rückzuführen; andererseits aber spielte anscheinend der Umstand eine Rolle, daß in hohem Maße nur amtlich befugten Geschichtsschreibern der Zugang zu militärischen Quellen gestattet war und deren Elaborate erst nach Über­prüfungen in vielerlei Hinsicht der Öffentlichkeit im Druck zugänglich ge­macht wurden* 2). Zwar wurde auf dem Sektor der sogenannten offiziellen mi­litärischen Geschichtsschreibung viel geleistet, doch lag es im 19. und im 20. Jahrhundert bis 1938 in der Natur der Sache, daß im Rahmen der Dar­stellung eine Kritik an politischen, operativen und taktischen Entscheidun­gen in den zu behandelnden Feldzügen der jüngeren Vergangenheit nur indi­rekt und verschleiert vorgebracht werden konnte. Der angestrebte Zweck der Belehrung und Rechtfertigung verbot dies ebenso wie die strengen, auf An­gehörige des Offizierskorps anwendbaren Zensur- und Disziplinarmaßnah­men einerseits, wie Kameradschaftsgeist, Subordination, Ehrgefühl und an­erzogenes Taktgefühl andererseits. Zu welchen Zusammenstößen es trotzdem bei der Verfassung des amtlichen militärischen Geschichtswerkes über den Feldzug von 1859 kommen konnte, ist bereits im letzten Band dieser Zeit­schrift dargestellt worden3). Nach dem Donner der Kanonen von Magenta, ■) So zuletzt Alphons Lhotsky Österreichische Historiographie (Wien 1962). 2) Oskar Regele Die Geschichtsschreibung im Wiener Kriegsarchiv von 1779 (Kai­ser Joseph II.) bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1918) in Festschrift des Haus-, Hof- und Staatsarchivs 1 (Wien 1949) 732—743; Peter Broucek Johann Baptist Schels. Offizier, Archivar und Historiker der Biedermeierzeit in MÖStA 25 (1972) 442^48. 3) Dsbe Militärhistoriographische Nachbeben des Feldzugsjahres 1859 in MÖStA 31 (1978) 283-297. Die in diesem Beitrag verwendeten Abkürzungen für Aktenbe­stände des österreichischen Staatsarchivs/Kriegsarchivs (= KA) werden beibehalten, nämlich: KM (= Registratur des Reichskriegsministeriums)', Präs. (Präsidialbüro) oder entsprechende Abt. (= Abteilung); MKSM (— Militärkanzlei Seiner Majestät); AFA ( = Alte Feldakten); NA (= Nachlaßsammlung). Gekürzt zitiert werden auch die Druck­werke: Antonio Schmidt-Brentano Die Armee in Österreich. Militär, Staat und Gesellschaft 1848-1867 (Militärgeschichtliche Studien 20, Boppard am Rhein 1975) sowie Oskar Regele Feldzeugmeister Benedek. Der Weg nach Königgrätz (Wien 1960).

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