Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Anna Hedwig BENNA: Die Republik Österreich und Sancta Maria de Anima in Rom (1918-1938)

Österreich und Sancta Maria de Anima 471 Botschaft beim Hl. Stuhl, die sich nach Kriegsausbruch mit Italien in die Schweiz begeben hatte56). Wie alle anderen Interessen Österreich-Ungams waren auch die der Anima der spanischen „weißen“ Botschaft57) beim italie­nischen Hof anvertraut worden58). Als Gardien des Archives und Verwalter des Palazzo Venezia hatte Botschafter Schönburg-Hartenstein den Kanzleidi­rektor Josef Schwendt59) zurückgelassen, der nun alle Aufträge vom spani­schen „weißen“ Botschafter erhielt. Rektor Brenner hatte vor seiner Abreise nach Wien noch angeordnet, daß Schwendt, der auch den Auftrag hatte, die Interessen der unter dem Protektorat Österreich-Ungarns stehenden Institu­56) Engel-Jánosi Österreich und der Vatikan 2 249. Nach einer Äußerung Bot­schafter Schönburg-Hartensteins gegenüber einem Vertreter der Politischen Korre­spondenz nach seiner Rückkehr aus Rom waren folgende Gründe für die Abreise der Botschaft aus Rom maßgebend: Nichtanerkennung der seinerzeit von Italien geschaf­fenen Garantiegesetze durch den Hl. Stuhl, Fehlen von Sicherheiten dafür, daß die Botschaft in der Praxis die Freiheiten genießen könnte, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötig habe, ferner: Das Verbleiben der k. u. k. Botschaft beim Hl. Stuhl in Rom würde beständigen Anlaß zu weiteren vehementen Hetzereien gegen die Botschaft geben, in welche dann der Hl. Stuhl hineingezogen werden könnte. Vgl. HHStA PA I 848 (Krieg 5 g, K. u. k. Ministerium des Äußern, Zeitungsarchiv s. d.). 57) Zu der im 19. Jahrhundert üblichen Unterscheidung zwischen einer „weißen“ (königlichen) und „schwarzen“ (päpstlichen) Gesellschaft in Rom, die auch für die beim italienischen Hof und beim Hl. Stuhl beglaubigten Diplomaten galt, vgl. Heinrich Graf von Lützow Im diplomatischen Dienst der k. u. k. Monarchie. Mit einer Einlei­tung von Reinhard Wittram. Hg. von Peter Hohenbalken (Wien 1971) 288 Anm. 32. Botschafter Schönburg-Hartenstein verfügte als „schwarzer“ Botschafter über keine direkten Beziehungen zu dem „weißen“ spanischen Botschafter Marquis de Villa-Ur- rutia, wohl aber zu dem „schwarzen“ spanischen Botschafter Marquis de Villasinda, der sich auch der Interessen der Anima 1918 annahm. Vgl. HHStA Gesandtschaftsar­chiv Rom Vatikan (— Ges.A.Rom V.) V 10-11 (Konv. Anima)'. Antwortschreiben des Marquis de Villasinda auf Schreiben Schönburg-Hartensteins (1918 Mai 20), 1918 Juni 28 Rom (Or.), Bericht Rom Vatikan (= V) ZI. 69 C 1918 Juli 6 St. Moritz (Konz.). 58) HHStA PA I 848 (Krieg 5 g, Übernahme des spanischen Schutzes über die Inter­essen Österreich-Ungarns in Rom): Privatschreiben des Grafen Forgäch an den Spani­schen Botschafter in Wien, Don A. de Castro y Casaleis, 1915 Mai 22 Wien. Anläßlich des Besuches des spanischen Königspaares in Rom 1923 sprach der österreichische Ge­sandte Pastor den Dank für das spanische Protektorat über das österreichische Eigen­tum während des Krieges aus. Der König erwiderte, er bedaure, daß er Österreich nicht auch den Palazzo Venezia habe retten können. Vgl. Luwig Freiherr von Pastor Tagebücher - Briefe - Erinnerungen, hg. von Wilhelm Wühr (Heidelberg 1950) 783. 59) Josef Schwendt (1866-1929), aus Muthmannsdorf Nö gebürtig, 1883-94 in der Marine gedient, zuletzt beim Matrosen-Korps-Kommando in Pola als Waffenmeister, 1894 zu Kanzleigeschäften und als Verwalter des Palazzo Venezia von der k. u. k. Bot­schaft Rom beim Hl. Stuhl übernommen, 1905 Kanzleisekretär, 1913 Kanzleirat. Blieb den Krieg über als Gardien des Archives in Rom, rettete durch seine Umsicht bei Räumung des Palazzo Venezia dem österreichischen Staat bedeutende Werte und den Botschaftsangehörigen ihre zurückgelassenen Effekten, wurde zu den Liquidierungsge­schäften der k. u. k. Botschaft bis 1920 verwendet, 1921 in den Dienst der Republik Österreich übernommen, 1923 Gesandtschaftskanzleidirektor, 1925 mit dem Titel eines Regierungsrates pensioniert. Er starb 1929 in Rom. Vgl. HHStA Neue Administrative Registratur (= N. Admin. Reg.) 107 (Personalakt Josef Schwendt): Bundeskanzleramt, Auswärtige Angelegenheiten (= BKA AA) ZI. 87772/20-1925, 1925 Juni 5, mit Stan­desausweis Schwendts; Bericht Rom V. ZI. 2647, 1929 September 11.

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