Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Franz DIRNBERGER: Matteo Salvi und das Ende der italienischen Stagione an der Hofoper in Wien
Matteo Salvi und das Ende der italienischen Stagione 319 billigere Kräfte herangebildet werden könnten, waren nicht neu. Johann Heinrich Friedrich Müller versuchte in der Zeit Kaiser Josephs II. als erster den Beweis hiefür zu erbringen. Er führte die Schule auf privater Basis, scheiterte aber an den Kosten. Nach ihm waren es die Hoftheaterpächter Peter von Braun und Ferdinand Graf Pälffy, die eine staatliche Schule in Anregung brachten. Auch 1848 war eine solche Schule im Gespräch. Die Notwendigkeit eines Broterwerbs brachte Salvi in dieses Geschäft. Zahlreiche Hofopernsänger besuchten seine Stunden. Mit der Übernahme der Leitung der Akademie der Tonkunst erweiterte Salvi offenbar die Ausbildungsfächer. Mit dem Argument, daß der Gagenetat in kurzer Zeit wesentlich zu senken wäre, gewann Salvi die Verantwortlichen im Finanzministerium für das Projekt, so daß die Schule mit 1. Jänner 1863 die Pforten öffnen konnte. Mit rund 8000 Gulden kam die Erhaltung der Schule nicht sehr teuer; dennoch war der Betrag zu hoch, wenn die Schule nicht das brachte, was sie versprach. Deshalb fiel sie als erste den rigorosen Sparmaßnahmen des ausgehenden 1866er Jahres zum Opfer. Salvi wehrte sich jedoch gegen den Vorwurf, daß die Schule keinen Erfolg gehabt hätte. Es wären immerhin einige ehrenhafte Engagements hervorgegangen, wenn freüich auch der Großteil der Besucher aus finanziellen Erwägungen sich an andere als die Hofopembühne gewandt hätte. Die verlockenden Angebote von allen Seiten hätten die Schüler im noch unfertigen Zustand abgeworben, wofür nicht die Direktion verantwortlich sei16). Die enormen Gagenforderungen dieser Zeit sind ja ein eigenes Kapitel. Sicherlich spielten die politischen Ereignisse eine wichtige Rolle. Daneben aber trat damals sehr vehement das Bedürfnis einer Altersvorsorge in den Vordergrund. Eine Pensionsberechtigung hatte Joseph II. - sehr vage zwar, aber immerhin so deutlich, daß man nicht mehr zurückziehen konnte — den deutschen Hofschauspielern versprochen. Eine Ausdehnung erfolgte nur noch auf die Witwen derselben. Für alle übrigen Hoftheaterbediensteten lautete die Antwort auf derartige Anträge kategorisch und stereotyp „Nein“. Es gab einen halb irregulär entstandenen und staatlich dotierten sogenannten „alten Kärntnertortheater-Pensionsfond“, dem auf Betreiben des Finanzministeriums in den 60er Jahren keine Pensionen mehr zugewiesen werden durften. Es gab ein Hofopempensionsinstitut, welches über Anregung des Oberstkämmerers Lanckoronski in den frühen 50er Jahren gegründet wurde und die ärmsten Angehörigen ehemaliger Theaterbediensteter unterstützte. Immer wieder verließen erste Sänger und Sängerinnen Wien, wenn ihnen auf anderen Bühnen ein Pensionsgenuß zugesichert wurde. Die, die dennoch blieben, erhöhten ihre Gagenforderungen ganz beträchtlich. So stiegen die Gagen innerhalb weniger Jahre von rund 5000 Gulden (der früher genannte Hölzl) auf 8000 Gulden (z. B. Dr. Schmid) bzw. 18.000 Gulden (Dr. Schmid u. a.) für die ersten Künstler. Leider spielte die Konkurrenz unter den Bühnen und die 16) GI/O 1188 = 2937/FM (Finanzministerium) ex 1862 und GI/O 2034 und 2122 ex 1866.