Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Adam WANDRUSZKA: Leopold II., die „Welschen Confinen“ und die Stände Tirols

LEOPOLD II., DIE „WELSCHEN CONFINEN“ UND DIE STÄNDE TIROLS Von Adam Wandruszka Die folgende, meinem lieben Freunde Richard Blaas gewidmete Studie, die eine wenig beachtete Episode der Geschichte Tirols, Österreichs und Italiens behandelt, illustriert erneut die von mir im Vorwort zum zweiten Band der Biographie Leopolds II. *) gemachte und ähnlich im Vorwort zur gekürzten, einbändigen italienischen Ausgabe* 2) wiederholte Feststellung, es sei „das Schicksal gerade des Historikers der neueren Geschichte, daß er nie wirklich ,fertig“ wird und kaum jemals mit ruhigem Gewissen sagen kann, er habe zu seiner Darstellung das gesamte überhaupt auffindbare Material herangezo­gen“. Dazu kommt im konkreten Fall dieses Herrschers die auch hier wieder bestätigte Erfahrung, daß er jeweils noch klüger, geschickter und „moder­ner“ war, als man ohnedies bisher angenommen hat. Es war eine amerikanische Historikerin, die sich bei ihren Forschungen im Haus-, Hof- und Staatsarchiv auch der Archiv-Beratung durch Richard Blaas erfreuen durfte und die sich daher meinen Glückwünschen anschließt, Mrs. Miriam Levy, New York, die, nachdem sie sich mit der leopoldinischen Politik und den Reformprojekten in Ungarn beschäftigt hatte3), mich im Sommer 1976 fragte, ob ich etwas über die von ihr für möglich gehaltene ge­heime Einwirkung Leopolds auf die Forderungen der „Welschen Confinen“ gegenüber den Tiroler Ständen im Frühjahr 1790 wüßte. Nachdem ich diese Frage verneint und meine völlige Unwissenheit in dieser Hinsicht einbekannt hatte, fiel mir plötzlich ein, daß Leopolds Wahl der Reiseroute von Florenz nach Wien im März 1790 zur Übernahme der Herrschaft nach dem Tod Jo­sephs II. vielleicht mit diesen Problemen Zusammenhängen könnte. Während der Großherzog nämlich auf seinen bisherigen Reisen zwischen Florenz und Wien in den Jahren 1770, 1776, 1778/79 und 1784 über Padua (mit Abste­chern nach Venedig), die Pontebbana, Klagenfurt, Mur- und Mürztal und den Semmering oder weiter östlich über Görz (mit Abstechern nach Triest und Laibach) gereist war und nur bei der ersten dieser Reisen 1770 das großher­zogliche Paar auf der Rückreise nach Florenz über Verona - wo man die Veroneser Messe besichtigte und eine Stierhetze in der Arena besuchte — und Venedig zurückgekehrt war, wählte er diesmal den Weg über die unter seiner *) Leopold II. 2 (Wien-München 1965) 7. 2) Pietro Leopoldo, un grande riformatore (Firenze 1968) 15. 3) Miriam Levy Count Sámuel Teleki and His Reform Project: Comments on Habsburg Hungary in 1790 in East Central Europe II/2 (1975) 152-170.

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