Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

MIKOLETZKY, Lorenz: Der Brand von Hamburg 1842. Aus den Akten der Staatskanzlei und der Präsidialabteilung der Hofkammer zu Wien

Der Brand von Hamburg 1842 37 Nicolai-, die Petri- und die Gertrudenskirche, das Rathaus, die Bank, die alte Börse, das Zuchthaus, das Werk- und Armenhaus, das Detentionshaus u. a. sind in Schutthaufen verwandelt oder bis auf die kahlen Wände ausgebrannt. Die neue Börse nebst der darin aufbewahrten reichen Commerz Bibliothek, das Stadtpostamt und das Stadthaus sind, obwohl von der Glut der Flammen hart bedrängt, dank sei es den angewandten äußersten Anstrengungen, erhalten worden; so auch das neue Schulgebäude ..8). Während durch einen Major aus Hannover die letzten Löscharbeiten ge­leitet und durchgeführt wurden9), kam es zu den schon angedeuteten Ausschreitungen gegen „Engländer“, wobei auch zwei österreichische und zwei parmesanische Untertanen in den Verdacht der Brandstiftung gerie­ten, die jedoch vom österreichischen Konsul in Schutz genommen werden konnten. Mit den Rufen „Tod den Engländern, Tod den Brandstiftern!“ wälzte sich der Pöbel durch die Straßen Hamburgs. Man machte aber "keine langen Untersuchungen, sondern vergriff sich an Personen, die einem nicht zu Gesicht standen. So wurde z. B. ein siebenbürgischer Tisch­lergeselle nach Mißhandlung in einen Kanal geworfen und wäre ertrun­ken, hätte er sich nicht durch Schwimmen so lange an der Wasserober­fläche gehalten, bis ihn die Polizei in ihren Schutz genommen hatte 10). Nach diesen Vorfällen wurde das Militär verstärkt, Bremen, Lübeck, Hannover und Holstein verteilten ihre Truppen in der Stadt. Nach der ersten ungenauen Bestandsaufnahme waren ganz oder teilweise abgebrannt: 38 Straßen, fünf Plätze, fünf Apotheken und ebensoviel öffentliche Gebäude (darunter die Musikhalle der Stadt, die „Harmonie“, und das Haus der „patriotischen Gesellschaft“), ferner sieben Buchhand­lungen (es existierte nur mehr diejenige von Nestler & Meller) sowie sämtliche zehn Gasthöfe, mit Ausnahme der „Sonne“ auf dem Neuenwall, die jedoch auch beschädigt worden war. Die Zahl der zerstörten Häuser schwankte zwischen 1500 und 2000 ll). Aber nicht nur dieser Verlust er­schütterte die Hamburger: Auch die Vernichtung der Kirchen traf sie empfindlich. Aus einem Augenzeugenbericht über den Brand der Nikolai- Kirche geht unter anderem folgendes hervor: „... In den Straßen wogte eine Menschenmenge; die Fenster der Häuser in ge­ringer Entfernung, die Dächer selbst, waren mit Leuten besetzt, die des selte­nen, grausig-schönen Anblicks teilhaftig werden wollten. ... Bei dem Nikolai- Turm war keine Hilfe anwendbar; dicht bei demselben, auf dem Hopfenmarkt, waren große hölzerne Fleischschrangen gebaut, welche in Brand gerieten und die Hitze unerträglich machten. Als die Sonne gesunken war, neigte sich die hölzerne Spitze mit dem schönen Turmknopf; sie drehte sich in der Luft und schoß an der Südseite des steinernen Gemäuers, bei dem sie abbrach, tief in die Erde. Als dann die Lohe aus dem viereckigen Gemäuer in wunderbar schönem Farbenspiel der schmelzenden Metallglocken turmhoch in die Höhe stieg, da — mußte wohl jedes Auge sich mit Thränen füllen“. 8) FA PRÄS 3513/1842. ») Vgl. HHStA StK Hamburg 41: Bericht 32/1842. i») Vgl. FA PRÄS 3573/1842. ii) Vgl. Anm. 8: Beilage zu 3513/1842.

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