Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

RILL, Gerhard: Zur Geschichte der österreichischen Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien

186 Gerhard Rill ren, die „Consulardepositen, Effecten, Bücher, Register, Acten u. s. w.“ zu übernehmen hätten; es soll darauf geachtet werden, daß „politische Berichte und Reservatacten ... im Archive der Landesregierung deponirt werden ...“ und daß „die bei jenen Aemtern anhängig gebliebenen Rechtssachen, Verlassen- schaften, Vormundschaften und etwaige unerledigt gebliebene Geschäftsstücke den zu ihrer Besorgung nunmehr competenten Behörden überwiesen ... wer­den“ 86). Der Zirkularerlaß der Landesregierung vom 21. März 1881 stimmt sinngemäß mit obigem Erlaß überein; auch hier ist davon die Rede, daß politische und Re­servatakten „behufs Depositirung im Archiv der Landesregierung“ dieser aus­gehändigt werden sollen 87). Es fällt auf, daß in beiden Erlässen die Masse des Archivgutes, nämlich jene Akten, die weder den politischen und Reservatakten noch den „an­hängig“ bzw. „unerledigt“ gebliebenen Dokumenten zuzuzählen waren, unberücksichtigt blieb. Diese Lücke wird durch das Zirkulare des General­konsulates Sarajevo vom 16. April 1880 geschlossen: Es werden vier Gruppen unterschieden: a) Das gesamte Archiv bis einschließlich 1878, ferner die Registratur 1879 und 1880 — sowohl politische wie administrative Angelegenheiten betref­fend —, mit Ausnahme der Steuerrequisitionsakten, samt Protokollen und Indices bis 1. Mai 1880 sollen der Landesregierung übergeben werden. b) Die 1879 und 1880 aufgenommenen und noch anhängigen Gegenstände der Strafrechtspflege, Verlassenschaf ten und andere Akten der freiwilligen Ge­richtsbarkeit (soferne der Streitwert 500 fl. nicht übersteigt) sind dem Kreis­gericht Sarajevo auszuhändigen. c) Soferne bei den letztgenannten Akten der Streitwert über 500 fl. liegt, sind diese Akten dem Obergericht für Bosnien und die Herzegowina zu über­geben. d) Die 1879 und 1880 eingeleiteten Steuerrequisitionen sind an die Landes­regierung abzuführen 88). Da das Zirkulare des Generalkonsulates seine Verbindlichkeit nur aus den Erlässen der übergeordneten Dienststellen beziehen konnte, darf die un­ter a) geforderte Übergabe auch nur im Sinne dieser Erlässe als Depo­nierung verstanden werden. Das Generalkonsulat erkannte, daß der Groß­teil der Akten in den Erlässen nicht erwähnt worden war, und reihte ihn sinngemäß unter a), also unter die zu deponierenden Akten, ein. Das ge­samte heute in Sarajevo befindliche Archiv des Generalkonsulates — ab­gesehen von den unter b—d genannten Akten — ist also nach den drei Erlässen auch heute noch als ein im Jahre 1880 als Depot hinterlegtes Archivgut einer österreichisch-ungarischen Außenbehörde zu werten * 87 88 89). 8«) Ebenda 65. 87) Ebenda 66. 88) Ebenda 66 f. 8») Bei den im April 1977 in Belgrad stattgefundenen Gesprächen im Rahmen der österreichisch-jugoslawischen Archivverhandlungen vertrat die jugoslawi­sche Seite die Ansicht, nur die politischen und Reservatakten seien als Depot zu werten, alle übrigen „allgemeinen Akten“ hingegen seien in den Besitz der Landesregierung übergegangen und befänden sich daher zu Recht in Jugo­

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