Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

RILL, Gerhard: Zur Geschichte der österreichischen Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien

184 Gerhard Rill an die Beziehungen zu den türkischen Behörden (die ja zu bestehen auf ge­hört hatten), wie auch die administrative Berichterstattung an die Inter­nuntiatur und die auf Kultus, Schule und Paßwesen bezüglichen Agen­den; hingegen sollte die politische Korrespondenz mit dem Außenmini­sterium mit besonderer Sorgfalt fortgesetzt und auch die Konsularge­richtsbarkeit aufrecht erhalten werden. Ausgeschlossen von letzterem Punkt waren alle dem Armeeverband angehörigen Personen. Besonders sollten die Konsularbeamten darauf achten, daß es zu keinerlei Kompe­tenzkonflikten mit den Militärbehörden komme. Daß diese Direktive vor allem als vorbeugende Maßnahme gegenüber einer eventuellen Kritik von Seite des Militärs gemeint war, zeigt die widerstrebende Zustim­mung des Reichskriegsministeriums und der Militärkanzlei, die es vorge­zogen hätten, die Konsuln dem Truppenbefehlshaber zu unterstellen, und nun, wie sie meinten, auf den „Takt der Konsuln“ angewiesen wa­ren 79). Daß die Konsulate überhaupt noch existierten — so erklärte das Ministerium des Äußern dem Armeekommandanten in Sarajevo, dem Herzog von Württemberg, in einer vertraulichen Note ■—, habe zwei Grün­de: Einmal müsse zuerst ein Apparat an geschulten Landesbeamten ge­schaffen werden, zweitens wolle man auf der diplomatischen Bühne die mit Großbritannien darüber bereits begonnene Verständigung auch mit den anderen Ländern erreichen. Bis dahin habe hinsichtlich der Konsular­gerichtsbarkeit der status quo zu gelten 80). Als jedoch im Juni desselben Jahres die Landesregierung in einem Zirkulare den Weiterbestand der auf den Kapitulationen beruhenden Gerichtsbarkeit der Konsulate präzise formulierte, stieß sie auf heftige Kritik des Außenministeriums, das einen möglichst unauffälligen Abbau der konsularischen Befugnisse vorgezogen hätte81). Wie dieser Abbau bei den betroffenen Behörden aussah, zeigt eine Beschwerde des Vizekonsuls in Sarajevo, Heinrich Holzinger, der das Ministerium belehrte: Man könne ein Amt nicht auf die Art auflösen, „daß demselben ein Beamter nach dem anderen entzogen und deren Bezüge eingestellt werden, sondern 7B) Entwurf der Zirkularnote des Ministeriums des Äußern, 1878 Septem­ber 13 (Admin. Reg F 61/4 [Consular-Jurisdiction 1 fol. 9—10]), mit Note vom folgenden Tag dem Reichskriegsministerium zugeleitet (ABH Gemeinsames Finanzministerium [= GFM] Allgemeine Reihe ZI. 19/1878); nach Stellung­nahme des Reichskriegsministeriums vom 19. September und von FML Beck vom 19. September und 20. Oktober (ebenda ZI. 24/1878) wurde der korrigierte Text — in dem den Konsuln aufgetragen wurde, alle politischen Berichte dem Armeekommandanten vorzulegen (ebenda ZI. 82/1878) — unter dem Da­tum 1879 Februar 19 an die Konsuln ausgesandt (Admin. Reg. F 61/4 [Consu­lar-Jurisdiction 1 fol. 5]). 80) Ministerium des Äußern an Herzog von Württemberg, 1879 Februar 18: ABH GFM Allgemeine Reihe ZI. 481/1879. 81) Zirkulare der Landesregierung, 1879 Juni 16, und Ministerium des Äu­ßern an Gemeinsames Finanzministerium, 1879 Juli 14: Admin. Reg. F 61/4 (Consular-Juris diction 1 fol. 37, 25—27).

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