Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

WEINZIERL, Michael: Das Commonwealth vom Aufstand der Presbyterianer bis zum 2. Staatsstreich der Armee 1659

6 Michael Weinzierl zeit auf die Aktivitäten verschwörerischer Geheimbünde zu reduzieren 15); die revolutionären Gruppen in England bilden dabei ein scheinbar ergie­biges Exempel. Diese Deutungen vernachlässigen die Bedeutung des Bestehens von Be­grenzungen politischer Beteiligung, d. h. jede mögliche Politik war in gewissem Sinn Politik einer Minderheit. Ferner bedeuteten Verfassungs­änderungen für das 17. Jahrhundert Revolution; keiner der in diesen Jah­ren diskutierten Verfassungspläne sieht eine Prozedur der Verfassungs­änderung vor. Die Akzeptierung politischer Parteien erforderte einen langwierigen Prozeß, der eben erst begonnen hatte. Weiters waren die Hemmungen gegen die Anwendung direkter physi­scher Gewalt geringer als in späteren Jahrhunderten. So schlägt etwa Russell vor, die disziplinierenden Tendenzen des Puritanismus im Zu­sammenhang einer Gesellschaft zu sehen, in der Shakespeares Tragödien den Grad der Gewalttätigkeit nur unzureichend wiedergeben16). Mat­tingly weist darauf hin, daß das Zeitalter der Religionskriege in Eng­land diplomatische Aktivitäten in einem zuvor unbekannten Ausmaß mit Spionage verschmelzen ließ 17). Die Royalisten arbeiteten teilweise mit der Unterstützung des Untergrundkommunikationssystems der englischen Katholiken innerhalb und außerhalb der britischen Inseln. Ferner war die Organisation des auswärtigen Dienstes Venedigs Gegen­stand allgemeiner Bewunderung: Chiffriertechniken bildeten bald ein Hobby der englischen Gentry. Alle diese Faktoren wird man bei der Beurteilung der politischen Verschwörungen im England des 17. Jahr­hunderts beachten müssen. „Booth’s Rising“ bedeutete eine neue Strategie der Stuart-Anhänger. Während die Anhänger der exilierten Königin Henrietta Maria und der Herzog von York als Befürworter ausländischer, katholischer Interven­tionen zur Restauration der Monarchie galten, plädierte eine „konsti- tutionalistische“ protestantische Gruppe um den späteren Lordkanzler Clarendon für eine möglichst unblutige Restauration, die eine ausschließ­lich britische Angelegenheit bleiben sollte18). Der Royalist Lord John Mordaunt meinte, daß diese Politik nur dann eine Chance auf Erfolg 15) Etwa Reinhard Kosseleck Kritik und Krise (Freiburg/München 1959) bes. 41—48 passim und Eric Voegelin Die Neue Wissenschaft der Po­litik (München 21965) Kap. V 186—223. 1#) Conrad Russell Crisis of Parliaments. English History 1558—1660 (London 1971) 165. 17) Garret Mattingly Renaissance Diplomacy (Ppb. Harmondsworth 1965) 235 f passim. ls) Edward Hyde, Earl of Clarendon (1609—1674), zum Anwalt ausgebildet, liberaler Anglikaner, bis 1641 in Opposition zur Krone, dann allmählich wich­tigster Ratgeber des Königs, ab 1646 im Exil; verfaßte History of the Rebellion (ab 1646); nach der Restauration Earl und Lordkanzler, gemäßigt konservativ, 1667 gestürzt und zweites Exil; verfaßte dann Life of Edward Earl of Cla­rendon.

Next

/
Oldalképek
Tartalom