Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

BENNA, Anna Hedwig: Österreichs erste diplomatische Vertretung bei den Vereinigten Staaten von Amerika

222 Anna Hedwig Benna zu Vermutungen geben, die weder dem französischen Hof noch dessen amerikanischen Verbündeten von Nutzen sein könnten 86). Österreichs ablehnende Haltung gegenüber den um ihre Unabhängigkeit vom englischen Mutterland kämpfenden Amerikanern erfuhr aber in den Achtziger] ahren unter dem Eindruck des erfolgreichen Widerstandes der Staaten gegenüber England eine Wandlung. Der Konflikt Englands mit seinen amerikanischen Kolonien bildete in dem umfassenderen Konflikt zwischen England und den bourbonischen Höfen nur einen Teilbereich. Maria Theresia bot nach dem Frieden von Teschen 1779 den Kriegführen­den ihre guten Dienste als Vermittlerin an37 *), und Joseph II., der sich Rußland immer mehr zuwandte, trat der bewaffneten Seeneutralität bei und betätigte sich wie Russland als Vermittler S8). Der Kaiser betrachtete den Krieg zwischen den westeuropäischen Mächten, zwischen den Königen von England, Frankreich und Spanien, als ein Hasardspiel, bei dem diese ihre Namen, ihre Börsen, ihren Ruf und das Wohl ihrer Untertanen ein­setzten, wobei sie die Partie ausspielten, bis die armen Amerikaner ge­schlagen seien 39). Als Vermittler wünschte Österreich die Teilnahme der Amerikaner an dem geplanten Friedenskongreß in Wien, nachdem Frank­reich bei seinem amerikanischen Verbündeten die Annahme der österrei­chisch-russischen Vermittlung durch den Kongreß erreicht hatte40). Der österreichische Plan eines direkten Vergleiches zwischen England und sei­nen ehemaligen Kolonien, der anfänglich von England und Frankreich verworfen wurde 41), erwies sich doch als gangbarer Weg zum Frieden, als er von beiden Vermittlern den Höfen von London, Versailles und Ma­drid vorgelegt wurde42). England leitete 1782 direkte Friedensverhand­lungen mit den Amerikanern ein, nachdem König Georg III. vom Parla­ment die Vollmacht erhalten hatte, mit den verlorenen Kolonien zu ver­handeln 43). Die Vereinigten Staaten erreichten dank der versöhnlichen Haltung Lord Shelburnes 44) die völkerrechtliche Anerkennung durch das 36) Arneth Geschichte Maria Theresias 10 202; Schiitter Beziehungen 10;Friebel Österreich und die Vereinigten Staaten 20. 3Ü HHStA StA England Korrespondenz 128: Kaunitz an Belgiojoso, 1779 Dezember 13; Schiitter Beziehungen 25; Friebel Österreich und die Ver­einigten Staaten 24; Schnaubelt Beziehungen 288 f, 291 f. 38) Adolf Beer und Joseph Ritter von Fiedler Joseph II. und Graf Ludwig Cobenzl. Ihr Briefwechsel in FRA 11/53 (Wien 1901) 127, 136, 197. **) Alfred Ritter von Arneth Joseph II. und Katharina II. von Russland. Ihr Briefwechsel (Wien 1866) 16. 40) Schiitter Beziehungen 27; Berichte 228. 41) HHStA StK Vorträge 133: Vortrag 1781 Februar 6; Schiitter Be­ziehungen 25; Friebel Österreich und die Vereinigten Staaten 25. 42) Schiitter Beziehungen 26. «) Adolf Beer Joseph II., Leopold II. und Kaunitz. Ihr Briefwechsel (Wien 1873) 83. 44) Vgl. C. W. A 1 v o r d Shelburne and the British-American Goodwill in Issues in American Diplomacy 1 (New York 1965) 93—105.

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