Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

28 Ernst Laubach Bologna vollziehen zu lassen und anschließend nach Deutschland aufzu­brechen 146). Man hat sich Gedanken gemacht, daß Karl die Erhebung Ferdinands be­trieben und durchgesetzt hat, obwohl sie doch eine Verringerung der Chancen seines im Mai 1527 geborenen Sohnes Philipp bedeutete, einmal das Werk des Vaters weiterführen zu können 147), zumal auch Ferdinand nur wenige Wochen später Vater eines Sohnes geworden war148). Es wäre sicher abwegig anzunehmen, die beiden Brüder hätten diese Konse­quenz ihres Vorhabens nicht gesehen, die auch von Gegnern der Wahl Ferdinands erkannt worden ist149). Doch gibt es von ihrer Seite keine Fingerzeige, ob bzw. wie dieser Aspekt zwischen ihnen oder mit ihren Beratern erörtert worden ist. Hervorzuheben ist zunächst, daß Karl die Entscheidung, an der Ferdi­nand gegebenen Zusage festzuhalten und mit ihrer Realisierung zu be­ginnen, schon verhältnismäßig kurz nach Philipps Geburt getroffen hat. Aber waren nicht die Voraussetzungen, unter denen seinerzeit der Ge­danke der Bruderfolge entwickelt und abgesprochen worden war, ganz anders gewesen? Solange nämlich Karl keine Nachkommen hatte, war Ferdinand sein testamentarisch eingesetzter Universalerbe 15°), zu dessen uneingeschränkter Sukzession im gesamten Herrschaftsbereich Karls eben nur die Sicherung der Nachfolge im Kaisertum fehlte. Könnte man auf Grund der Entstehungsgeschichte des Projektes, soweit wir sie bisher ver­folgt haben, vermuten, jener Umstand sei geradezu konstitutiv gewe­sen? 151) Eine Hypothese, die durch eine Äußerung von Karl selbst ge­stützt werden könnte: In seiner anläßlich des Staatsaktes zur Übergabe der Regierung über die spanischen Reiche an Philipp gehaltenen Anspra­che soll er gesagt haben: Ursprünglich habe er die Nachfolge in allen sei­nen Herrschaften den Nachkommen seines Bruders, der ja lange vor ihm geheiratet hatte, zugedacht, da aber Ferdinand sehr lange ohne Söhne geblieben, habe er sich selbst zur Heirat entschlossen, und die Geburt Philipps habe dann eine neue Sachlage geschaffen 152 *). Im Zusammenhang 146) Nach Burgo gab Ferdinands Stellungnahme den Ausschlag (Pastor Päpste 4/2 383 Anm. 4 und 756 f). Ähnlich Salinas (B o r n a t e Historia vite 392 Anm. 8). — 1530 Februar 12 konnte Ferdinand erleichtert seine Schwester Maria von der Entscheidung benachrichtigen (Korr. 2 600). 147) Zuletzt eingehend Peter Rassow Forschungen zur Reichsidee im 16. und 17. Jahrhundert in Peter Rassow Die geschichtliche Einheit des Abend­landes (Köln—Graz 1960) 298 f. 148) Philipp wurde am 21. Mai, Maximilian am 31. Juli 1527 geboren. 149) Z. B. von Sachsen; vgl. M e n t z Johann Friedrich 1 105 Anm. 1. 15°) Bauer Anfänge 159 mit Anm. 1; Alphons L h o t s k y Das Zeitalter des Hauses Österreich (Wien 1971) 115. 151) Rassow Politische Welt 25 f deutet den Gedanken an. 152) Josef Karl Mayr Die letzte Abdankung Karls V. (—Berichte und Studien zur Geschichte Karls V. 3) in Nachrichten (wie Anm. 72) (1931) 147 bzw. 156.

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