Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

22 Ernst Laubach „Damenfrieden“ mit Frankreich ratifiziert werden. Karls Reise nach Ita­lien und nach erfolgter Kaiserkrönung weiter ins Reich konnte endlich ins Werk gesetzt werden. Ungefähr zu der Zeit, als die Friedensverhandlungen mit dem Papst ihren Anfang nahmen, hat Karl endlich auch die Aufgabe in Angriff genommen, mit den Kurfürsten über Ferdinands Wahl ins Reine zu kom­men: Zu den Aufträgen des im Frühjahr 1528 von ihm nach Deutschland geschickten Propstes von Waldkirch, Balthasar Merklin, gehörten auch Sondierungen bei den Kurfürsten über dieses Projekt112). Allerdings blieb die Aktion noch ziemlich vage, denn Merklin hatte keine ordentliche Verhandlungsvollmacht mitbekommen, und das machte die Kurfürsten mißtrauisch, ob auch wirklich Karl der Initiator sei und nicht etwa Fer­dinand lls). Karl hatte, solange er lediglich mit Ferdinand über die Königswahl kor­respondierte, den vorwärts drängenden Bruder fast ständig mit temporär­taktischen Einwänden gebremst. Die Gründe, die ihn prinzipiell positiv zu dem Projekt stehen ließen, gehen aus seinen Briefen so wenig hervor — abgesehen von dem Ferdinand gegebenen Wort — wie die Überlegungen, die ihn bewogen haben, die Vorgespräche gerade jetzt zu beginnen. Er scheint den Bruder von seinem Entschluß nicht einmal besonders unter­richtet zu haben114). Da die Instruktion für Merklin verloren ist und über seine Gespräche mit den rheinischen Kurfürsten fast keine Berichte vorliegen, muß man versuchen, Karls Motive aus späteren Quellen und aus der allgemeinen politischen Situation zu erschließen. Gerade zu Beginn des Jahres 1528 nahm die politische Entwicklung mit der neuerlichen Kriegserklärung Frankreichs und Englands 115) eine Wen­dung, die Karl zu dem Ersuchen an Ferdinand veranlaßte, er solle nicht nur selbst an Frankreich den Krieg erklären, sondern auch die Reichs­stände, vor allem die Kurfürsten, dazu bringen, ihrem Herrn beizuste­hen 116). Wenn Karl gleichzeitig Maßnahmen einleitete, die die Vermeh­rung der Autorität Ferdinands im Reich zum Ziel hatten, handelte er kei­neswegs unlogisch. Auch die Gleichzeitigkeit zu den Verhandlungen mit dem Papst erscheint sinnvoll, da ja einerseits an deren Ende, wenn sie zum Erfolg führten, auch eine konkrete Vereinbarung über die Kaiserkrönung zu erwarten war, und man andererseits aus eigener Erfahrung wußte, wie 02) Johannes Kühn Die Geschichte des Speyrer Reichstags 1529 (Leipzig 1929) 29 ff. lls) Ebenda 32. Merklin wollte diesem Argwohn Vorbeugen, indem er die Gespräche führte, ehe er zu Ferdinand reiste (RTA 7 1043). in) Ferdinand scheint nur eine lapidare Mitteilung von Merklins Sendung überhaupt erhalten zu haben (Korr. 2 179). 115) Am 22. Januar 1528; vgl. Brandi Karl V. 1 220. U6) Korr. 2 182 (aus Karls Instruktion für Herrn v. Montfort an Ferdinand, 1528 Januar 31); auch zitiert von Brandi Karl V. 2 191.

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