Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 295 Sache mit wenig Nachdruck und wiesen auf die von der Regierung ange­kündigte Vorlage hin, obwohl es doch klar sein mußte, daß die Regierung nicht gewillt war, den konservativen Vorstellungen zu entsprechen. So hatte schon im November 1888 der Konservative Julius Riccabona Ka- threin nach der Vertagung des Liechtensteinantrages geschrieben: „Die Vorlage für die Pairkammer kann man sich vorstellen“ 147). Bezeichend für die grundsätzliche Einstellung der Regierung war, daß sie die Bischöfe nicht zur Ausarbeitung der Vorlage heranzog. Da diese im Herrenhaus die Möglichkeit hatten, Abänderungen vorzuschlagen, stimmten die Tiroler Konservativen dem Vorgehen der Regierung still­schweigend zu. Es hatte fast den Anschein, als ob nicht nur die Regierung und der Kaiser, sondern auch die Konservativen jede auffallende Agi­tation mit Rücksicht auf die Wähler vermieden wissen wollten, standen doch in Tirol die Landtagswahlen bevor. Als die Regierung schließlich ihre Vorlage einbrachte, zeigte es sich, daß sie nur technische und keine prinzipiellen Zugeständnisse beinhaltete 148). Einen kleinen Erfolg vor den Wahlen gönnte die Regierung den Kon­servativen in der Gebäudesteuerfrage, nachdem diese dem Ministerium und dem Exekutivkomitee der Rechten mit äußersten parlamentarischen Konsequenzen gedroht hatten. Die Regierung gewährte Tirol einen Haus­steuerausfall von 200.000 bis 400.000 fl., was ihr nicht sonderlich schwer ankam, da 1889 das erste Mal in der Ära Taaffe ein Budgetüberschuß zu verzeichnen war 149). VIII Nach einer langen Reihe von Mißerfolgen mußte sich die Partei nun den Landtagswahlen stellen. Das größte Problem stellte für die Konservativen die Großgrundbesitzerkurie dar. Im Jahre 1885 hatten sie durch den Wahlkompromiß mit den nationalliberalen Italienern im Reichsrat einen Mandatszuwachs erreicht, den sie bei den Landtagswahlen natürlich wie­derholen wollten. Schon im September 1888 beschloß ein Parteiausschuß, den italienischen Nationalliberalen, die ab März 1889 auch von den kon­servativen Volksgenossen unterstützt wurden, folgendes Angebot zu ma­chen: Die Konservativen wären bereit, einem von den Italienern einzu­bringenden Wahlreformentwurf zuzustimmen, wenn diese sich bindend verpflichteten, von den zu besetzenden zehn Mandaten ihnen die Hälfte zur freien Nominierung zu überlassen 15°). Später dürfte Kathrein den 147) TLA Nachlaß Kathrein: Dr. Julius Riccabona an Kathrein, 1888 Novem­ber 3. 148) C z e d i k Ministerien 1 344. 149) TLA Nachlaß Kathrein: Riccabona an Kathrein, 1889 Februar 18. 150) Ebenda: Protokoll über Konferenz des Siebener-Ausschusses, 1888 Sep­tember 13.

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