Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
DIRNBERGER, Franz: „200 Jahre Burgtheater“. Auf der Suche nach einem Jubiläum
„200 Jahre Burgtheater“ 207 erfahrener Männer“, wie er selbst sich ausdrückte. Darum gewinnt die Tatsache besondere Bedeutung, daß der Kaiser am 16. März 1776 zwar noch nicht wußte, wie der Betrieb der Hoftheater, besonders des „Burgtheaters“, geführt werden sollte — weshalb er auch seinen Beamten Vorschläge abverlangte —, daß an diesem Tage aber zumindest eines feststand: daß „der Hof fest entschlossen ist, keine förmliche Administration des Theaters zu führen“ 117). Selbst dort, wo die Entscheidung gefallen war, mußte die weitere Entwicklung nicht unbedingt danach verlaufen. So beauftragte der Kaiser den Obersthofmeister, „die teutschen Comoe- dianten vorrufen zu lassen und ihnen zu bedeuten, daß sie .. . unter ihnen einstweilen einen Director auszuwählen und Ihnen [dem Fürsten Khe- venhüller] vorzuschlagen hätten, welcher alle minderwichtige Gegenstände und die Austheilung deren Piecen und Rollen zu bestimmen hätte“ 118). Die Literatur hat daraus eine „Künstlerrepublik“ gemacht, eine an sich widersinnige Bezeichnung der nachfolgenden Geschäftsführung, da doch immer nur die Vornehmsten unter den Schauspielern, die zugleich die Regie führten, etwas zu reden hatten: Stephanie d. Ältere, Müller, Stephanie d. Jüngere, Brockmann und Weidmann bildeten den „Theatralausschuß“, dessen Vorsitz (in den Rechnungsbüchern „Regie“ genannt) bis 1789 Stephanie d. Ä. führte, in welchem Jahr ihn bis 1794 Brockmann ablöste. Soferne einmal eine systematische Erfassung aller einschlägigen Quellen und Nachrichten erfolgt, wird sich bei objektiver Betrachtung bestimmt eine Menge neuer Erkenntnisse ergeben. Daß solche immer wieder möglich sind, mag ein Beispiel verdeutlichen: Wlassak berichtet, daß der Beginn der Portraitgalerie des „Burgtheaters“ in die Jahre 1786/87 falle; „als ein besonderes Zeichen seines Wohlwollens verord- nete Kaiser Josef, daß jeder Schauspieler, welcher sich in seinen Rollen besonders ausgezeichnet und den einstimmigen Beifall des Publikums erworben habe, von dem Hofmaler Hickel gemalt werde und die Portraits im Burgtheater aufgehangen werden sollen“119). 14 Bilder sollen so in kaiserlichem Auftrag entstanden sein. Die Nachforschungen ergaben, daß „den letzten [Juli 1787] den Joseph Hickel kk. Kammer Mahlern für 2 auf allerhöchsten Befehl verfertigte Portraits nemlich Madame Stephanie und Nouseul jedes ä 50 Dukaten, [zusammen] 450 fl.“ ausgezahlt wurden 12°). Hickel erhielt 1772 von der HofU7) Bill. Prot. n. 336 (Payer n. 6) Punkt 8; entsprechend lautet Punkt 9: „Da nach diesem Principio hinlänglich dem Publico vorgesehen wäre mit Sicherstellung eines Theaters, so wäre der teutschen Trupp versammleter zu bedeuten, daß, bis mit selber eine andere Anordnung gänzlich zu Stand komme, dieselben nach denen jeztigen Contracten von Ostern an ihre Stücke einzulernen und nach besten Kräften fortzusetzen hätten, jedoch dergestalten, daß keiner dadurch seinen Contract für gültig ansehen könnte, sondern nur selber die drey Monate zu dauern hätte, unter welcher Zeit das neue und solide Arrangement mit ihnen selbst würde können getroffen werden.“ 118) Ebenda n. 339 (Payern. 8) Punkt 4 von 1776 März 23. 119) Wlassak Chronik 62. 12°) HHStA Geheime Kammerzahlamtsbücher 327 n. 22.