Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

AUER, Leopold: Archive und elektronische Datenverarbeitung

Archive und EDV 45 würde sich z. B. zur Führung eines Kanzleiindex anbieten, der durch Koppe­lung an die Benütz er wünsche zugleich hauptsächlich jene Namen und Sach- begriffe enthält, die häufig abgefragt werden. Mit dem Suchbegriff wird der Text der Erledigung gespeichert, der den Zugriff auf die Archivalien ermög­licht. Ein Projekt dieser Art, das die Ergebnisse einmal geleisteter Sucharbeit für spätere Anfragen nutzbar machen würde, ist in den französischen Archi­ves Nationales geplant74). Der Verzicht auf einen Thesaurus führt schließlich zu jener Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung, die sich auf die Ausnützung der Sortier­fähigkeit der Computer für umfangreiche und schematisierbare Indizierungs­und Verzeichnungsarbeiten beschränkt. Hier liegt nach den Erfahrungen der letzten Jahre vorderhand wohl die wichtigste Anwendungsmöglichkeit, vor allem im Bereich massenhaft gleichförmiger Einzelakten (Prozeßakten, Per­sonenstandsregister, Kataster oder urbariale Aufzeichnungen), deren manu­elle Erschließung weder zeit- noch kostenmäßig vertretbar erscheint. Ange­strebtes Arbeitsziel ist dabei die Automatisierung sämtlicher Arbeitsgänge zwischen Titelaufnahme und Ausdruck eines Findbehelfs samt Index75). Die meisten Versuche dieser Art basieren auf dem von der Library of Con­gress und den National Archives in Washington gemeinsam erarbeiteten Sy­stem Spindex (Selective Permutation Indexing)76). Zu erwähnen sind etwa die Auswertung von NS-Verfahrensakten der britischen Besatzungszone in Deutschland77) oder die Erschließung von Lütticher Notariatsprotokollen des 16.-20. Jahrhunderts78). Der Sortierfähigkeit des Computers bediente sich auch das großangelegte Projekt der Archivschule Marburg, die Personaldaten von etwa 25.000 Mann hessischer Truppen, die am amerikanischen Unab­hängigkeitskrieg teilgenommen haben, nach Namen, Herkunft, Regimentszu­gehörigkeit etc. aufzuschlüsseln79). Eine eigene Methode entwickelten die Public Archives of Canada in Ottawa zur Erschließung der Nachlässe der Premierminister Macdonald, Borden und Meighen. Nach der in jedem Fall notwendigen listenmäßigen Verzeichnung, bei der neben Korrespondenten und Daten 150.000 Sachbegriffe ausgeworfen 74) B a u t i e r Les Archives 56. Eine bessere Ausnützung der Kanzleiindices würde allerdings auch schon erreicht, wenn die Vergabe der Indexwörter sinn­voller (am besten durch die zuständigen Referenten) erfolgen würde. 75) Milz Zum Einsatz 261 ff. 76) Vgl. Frank G. Burke Computer Techniques for the National Archives in Computers and the Humanities 4 (1969/70) 11—18, und Informatique et archivéconomie (wie Anm. 47). 77) Boberach Automatisiert) arkeit 203. 78) Jean P i e y n s Une application des méthodes du traitement de l’infor- matique ä un inventaire d’archives et ä un Probleme historique etc. in ABB Sonderheft 6 (1971) 65—82. 79) Otto Fröhlich Das Programmpaket zum EDV-Projekt HETRINA in Der Archivar 26 (1973) 233—240 und Eckhart G. Franz Projekt HETRINA. Elektronische Datenverarbeitung an der Archivschule Marburg ebenda 24 (1971) 381—390.

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