Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

ZITTEL, Bernhard: Planung im Archivbereich

Planung im Archivbereich 19 wie 100 Prozent Raumreserve, statt bisher 30 künftig 50 Arbeitsplätze im Lesesaal, angestrebt und offensichtlich nach den von uns skizzierten Gesichtspunkten sachkun­dig unterbaut und überzeugend vertreten. Das Raumprogramm des neuen Staatsar­chivs sieht bei einem jährlichen Zuwachs von durchschnittlich 150 Laufmetem Archivgut vor, „die im Zeitpunkt der Betriebsaufnahme vorhandenen, gegenwärtig auf drei Lagerorte verteilten Bestände im Neubau wieder zusammenzuführen und ihre un­gefähre Verdoppelung zu ermöglichen. Nach den Erfahrungszahlen der letzten Jahre wäre damit für gut 50 Jahre vorgesorgt“. Im Blick auf die weitere Zukunft vermerkt der Beschluß kritisch: „Überschaut man freilich einen größeren Zeitraum und zieht in Betracht, daß früher oder später umfangreiche Sonderarchive ... sowie die älteren Be­stände der Bezirksbehörden seit 1831 vom Staatsarchiv übernommen werden müssen, so dürfte die Entwicklung eher rascher verlaufen. Es sei daran erinnert, daß von den heutigen, in rund 1.100 Jahren erwachsenen Materialien nur etwa ein Drittel dem er­sten Jahrtausend der Sammlungszeit entstammt, während die letzten 100 Jahre zwei Drittel beigesteuert haben“23). Die hier vorgetragenen Erkenntnisse der Kollegen aus Zürich drängen zu der Frage hin, wie genau nun die jährlichen Zuwachsraten an Archivgut ermit­telt werden können. Als empfehlenswertes Modell möchten wir das Verfah­ren beschreiben, das wir bei der Berechnung der Raumplanung für die Ar­chivneubauten in Augsburg und Regensburg angewandt haben. Im Grunde ging es darum, jene „Erfahrungszahlen“ zu ermitteln, mit deren Hilfe das Staatsarchiv Zürich sein Raumprogramm begründete. Für die Ermittlung der Durchschnittswerte wurden die Aktenbewegungen der Jahre 1900 bis 1970, also ein Zeitraum von 70 Jahren, zugrunde gelegt. Untersucht wurden 1. die Zuwachsraten an Schriftgut; 2. die Zahl der Abga­bebehörden; 3. die Bevölkerungsbewegung im Bereich der Regierungsbezirke Schwaben bzw. Oberpfalz; 4. Sonderbedingungen, die die Aktenabgabe stei­gern bzw. mindern konnten, wie Kriege, Gebietsreform. Der Gesamtbestand des Staatsarchivs Amberg ist durch die Aktenabgaben der Jahre 1900 bis 1970 um rund das Siebenfache (genau: 6,48), von 1930 bis 1970 um das Vier­fache (genau: 4,61) gewachsen. Der Aktenbestand von 1900 hatte sich bis 1935, also in 35 Jahren, verdoppelt. Die nächste Verdoppelung war bereits nach 21 Jahren (1936—1957) erreicht, während nach den Massenabgaben nach 1945 seither der Zufluß an Akten auf das Normalmaß einpendelte. Er stieg von 1957 bis 1970, also in 13 Jahren um das l,4fache. Kombiniert man diese Zahlen mit anderen Erfahrungswerten, etwa der Zahl der Abgabebehörden, die im vorliegenden Vergleichsraum bei 285 lag, lassen sich feste Richtwerte ermitteln. Auf dieser Grundlage wurde die künftige Stellfläche der nahezu gleich großen und in fast allen Bereichen vergleichbaren Staatsarchive Augs­burg und Regensburg in der Planung auf 30 km Laufmeter festgelegt. Sie er­gab sich aus der augenblicklich belegten Fläche (13 km), der Reserve von 23) Es spricht für die Weitsicht der Prüfungsinstanzen von Zürich, ebenso für die sachkundige Beweisführung der Archivare, daß in dem Streit, in den auch die Presse wiederholt eingriff, die Raumansprüche des Staatsarchivs nicht bestritten wurden. 2*

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