Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

NECK, Rudolf: Sammelreferat. Geschichte der Arbeiterbewegung

472 Literaturberichte lieh. Nicht, weil die Rezensentin von dem Vorrang der historischen For­schung überzeugt wäre, sondern weil dem Historiker bewußt ist, welch entsagungsvolle Aufgabe die Erstellung eines solchen Apparates ist, be­greift man nicht, warum Adam Kersten, der Vf. der historischen Einfüh­rung, Einleitungen und der unumgänglich notwendigen Anmerkungen nicht auf dem Buchumschlag aufscheint. Erst die zweite Titelseite nennt seinen Namen, ohne den Wert seines Beitrags („unter Mitarbeit von“ oder „herausgegeben von Sz. und K.“) auszuweisen. So sehr die Sprachbeherr- schung Szs zu bewundern ist, die ihre Vorlagen aus dem Englischen, Fran­zösischen, Holländischen, Italienischen, Lateinischen und Polnischen ins Deutsche übersetzt, so sehr muß das Gewicht der instruktiven Zusammen­fassung Ks, der zudem jedem Teil eine eigene Einführung voranstellt, unterstrichen werden. Diesem Tatbestand trägt der Ersttitel der Ausgabe nicht Rechnung — sie stellt sich als alleinige Arbeit Szs dar. Daß Ks An­merkungen als gesondertes, auch in der Papierqualität sich abhebendes Heft dem Budi beiliegen, weckt die Vermutung, daß ursprünglich nicht an ihre Einbeziehung gedacht war (warum werden aber die Fußnoten zu Vondels Gedicht über den Waffenstillstand zwischen Polen und Schwe­den [S. 261—263] unter den Text gesetzt?). Kritisches ist auch für die Art des Quellenabdrucks zu vermerken: Grund­lage sind fast durchwegs Drucke (nicht aber Manuskripte) des 17. Jahrhun­derts, die etwas irreführend als Originale — es würde sich empfehlen, von Erstdrucken zu sprechen — bezeichnet werden. In vielen Fällen, vor allem bei publizistischen Schriften, wird das Manuskript nicht mehr vor­handen sein. Wenn aber behauptet wird (S. 7), daß für die Berichte der päpstlichen Nuntien, der venezianischen, englischen, französischen und kaiserlichen Gesandten die Originale „unzugänglich waren“ und deshalb neuere Editionen zur Richtschnur gemacht werden mußten, so ist dies falsch. Was den Anteil des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Form von vier Relationen Franz von Lisolas aus dem Jahre 1656 betrifft, so sind die eigenhändig Unterzeichneten Originale selbstverständlich für jeden Forscher ohne jede Spezialbewilligung zugänglich (Berichte vom 23. März und 22. April in Polonica [= Polen I] 66, vom 3. Mai und 3. Juni ebenda 67). Sz., die im Wiener Archiv arbeitete und Beratung erhielt, hätte es also nicht notwendig gehabt, nach der Edition Pribrams zu greifen und seine „gepunkteten Stellen“ (S. 615) für ausgelassene Absätze zu über­nehmen. Die Rezensentin ist überzeugt, daß auch die diplomatische Bericht­erstattung der übrigen angeführten Länder für die wissenschaftliche Be­nützung nicht gesperrt ist. Um zum Abschluß auf die ersten Sätze dieser Besprechung zurückzukom­men: Sz. betont (S. 9), daß ihre Edition „keinen Anspruch auf Vollständig­keit“ erheben darf. Wohin würde aber Vollständigkeit führen, wenn schon hier der Leser mit über 800 Seiten konfrontiert wird? Anlage und Aufbau, in erster Linie der Entschluß, Übersetzungen statt der Originalsprachen zu bieten, weisen darauf hin, daß nicht die historische Fachrichtung, son­dern ein größerer Leserkreis angesprochen werden soll, dem im Grunde nicht zugemutet werden kann, eine solche Überfülle aufzunehmen. Ob tatsächlich mehr Wissen über Polen auf diese Art und Weise vermittelt

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