Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

BROUCEK, Peter: Chef des Generalstabes und oberster Kriegsherr. Aus den Erinnerungen des Feldmarschalleutnants Alois Klepsch-Kloth von Roden, k. u. k. Delegierten im Deutschen Großen Hauptquartier, 1915/18

400 Peter Broucek nach Baden kam, um dem Kaiser zu berichten, die Umgebung mir sagte, daß der Kaiser mich nicht empfangen könne, ich hätte nur meinen Bericht mitzu­teilen und sie werde ihn dem Kaiser unterbreiten. Allmählich legte sich diese Gegenströmung und ich wurde wieder vorgelassen ... Es liegt nicht in den Aufzeichnungen, die ich Ihnen sende, die Lage in der Monarchie zu schildern und zu beurteilen. Aber erwähnen muß ich, daß nun alle deutschen Offiziere, die durch Österreich-Ungarn fahren mußten, sehr scharf kritisierten, daß man sich in Österreich schwer verpflegen könnte, vieles über­haupt gar nicht erhältlich sei, während man in Ungarn alles wie im tiefen Frieden überall bekam: Milch und Schinken, weißes Gebäck, Fleisch etc. Die Deutschen registrierten dies, scharf kritisierend. Es muß anerkannt werden, daß Kaiser Karl alles tat, um diesen Umstand zu beheben. Anläßlich einer Anwesenheit in Wien hatte ich, als ich bei Kaiser Karl war, selbst den Auftrag, den Minister Graf Tisza2S) zu einer Unterredung zum Kaiser zu führen, um diesen Umstand wenigstens etwas zu bessern. Auch ernannte Seine Majestät den sehr tüchtigen General v. Höfer 2»), den ich gut kannte, zum Verpflegungs­minister. Alles war vergebens. Die Ungarn änderten ihr Verhalten nicht, selbst der sonst sehr begabte Graf Tisza sah, wo es sich um ungarische Interessen handelte, lediglich den ungarischen Globus, und ging davon nicht ab ... Klepsch-Kloths Bemerkungen über den k. u. k. Chef des Generalstabes, Generaloberst Arthur Baron Arz von Straussenburg (Erinnerungen 4, 64 f, 101 f): Die Art meines Vorkehrens hielt ich auch unter dem Nachfolger des Feld­marschalls [Conrad], dem General der Infanterie Arz s°), aufrecht... Dem Verlauf der folgenden Ereignisse vorgreifend, erwähne ich gleich, daß das Verhältnis von Feldmarschall Conrad zum Kaiser vom ersten Tag an stark ge­trübt war. Der Feldmarschall beharrte auf dem Standpunkt, daß er zwar dem Kaiser täglich referieren werde, aber alle Entscheidungen und Maßnahmen selbst treffe, mit einem Wort, daß er sich wie bisher in nichts hineinreden lasse. Im Deutschen Großen Hauptquartier hatte man vom ersten Kriegstag an die Verhältnisse zwischen dem nominell führenden Kaiser und dem tatsächlich führenden Chef des Generalstabes glücklich gelöst. Der Chef führte, entschied allein, aber ausgegeben, veröffentlicht, wurde alles erst, nachdem es dem Kaiser vorgetragen worden war. Das Verhältnis Feldmarschall Conrads zu Kaiser Karl spitzte sich sehr rasch zu, wurde unhaltbar, und Feldmarschall Conrad gab seine Demission, die, wie ich Conrad zu kennen glaube, er nie zurückgenommen hätte, falls der Kaiser es gewünscht hätte. Conrad übernahm das Kommando einer Heeresgruppe an der * * 28 * * 28) Stephan (István) Tisza (géb. 22. April 1861, Budapest, gest. 31. Oktober 1918, Budapest), 1903—1905 und 1913—1917 ungarischer Ministerpräsident. 28) Anton Hoefer (geb. 1. Jänner 1871, Bozen, gest. 22. Juli 1949, Wien), k. u. k. Generalmajor, 5. Jänner 1917—26. Februar 1918 Minister, betraut mit der Leitung des Amtes für Volksernährung. so) Arthur Baron Arz von Straussenburg (geb. 11. Juni 1857, Hermannstadt, gest. 1. Juli 1935, Budapest), k. u. k. Generaloberst, 1917—1918 Chef des General­slabes. Vgl. Rudolf K i s z 1 i n g Generaloberst Artur Freiherr Arz von Straus­senburg, in Neue österreichische Biographie ab 1815 10 (1957) 117—122; Oskar Regele Gericht über Habsburgs Wehrmacht. Letzte Siege und Untergang un­ter dem Armee-Oberkommando Kaiser Karls I. — Generaloberst Arz von Straussenburg (Wien—München 1968).

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