Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704

142 Franz Mathis II Die ersten, quellenmäßig erfaßbaren Überlegungen zum Feldzug 1704 fal­len in den Sommer des Vorjahres. Graf Wratislaw, der außerordentliche Gesandte des Kaisers in London, war Anfang Juli nach Wien zurückge­kehrt und unterhielt sich nun ausführlich mit dem neu ernannten Präsi­denten des Hofkriegsrats Prinz Eugen über die Kriegsführung der Alliier­ten im allgemeinen und über den Herzog von Marlborough im besonderen. Nach mehreren Unterredungen einigten sie sich auf folgenden Vorschlag: Da ihrer Meinung nach die Mißerfolge des Jahres 1703 auf die mangelnde Koordinierung der alliierten Pläne zurückzuführen waren, glaubte Wratis­law, „qu’une entrevue entre vous [Marlborough] et lui [Eugen] cet hiver á la Haye serait nécessaire. Dans cette entrevue,“ fuhr der Graf fort, „on se communiquera sur quoi on peut compter de part et d’autre, on réglera de concert les opérations de la Campagne prochaine et on trouvera des moyens pour presser vivement la France“ * 2). Nach Ende des gegen­wärtigen Feldzuges wollte Eugen auf dem Weg nach Den Haag zuerst noch den Oberkommandierenden der kaiserlichen Truppen im Reich, den Markgrafen Ludwig von Baden, aufsuchen und anschließend auch mit den Kurfürsten von Mainz, Trier und der Pfalz informative Gespräche führen. Für den Fall, daß es die englische Parlamentssession Marlborough nicht erlaube, nach Den Haag zu kommen, dachte der Prinz sogar daran, eventuell bis nach London weiterzureisen 3). Marlborough selbst erfuhr von diesem Vorschlag am Vormittag des 19. August. In einer ersten Stellungnahme dazu äußerte er sich gegenüber seinem Freund, Schatzkanzler Godolphin, eher skeptisch. Einerseits zwei­felte er daran, England schon im Dezember wieder verlassen zu können, andererseits hielt er auch Eugens Zeit für zu knapp bemessen, eine solche Reise anzutreten, vor allem wenn er sich, wie ihm Wratislaw ebenfalls schränkte sich auf die Verwertung der Wiener ungedruckten Quellen, während für die vorliegende Arbeit und die ihr zugrundeliegende Dissertation über Marlborough und Wratislaw vor der Schlacht von Höchstädt ungedruckte Quellen aus den öffentlichen Archiven in Wien, London, Den Haag, Karlsruhe, München, Hannover und Marburg und aus dem Privatarchiv der Familie Marlborough in Blenheim Palace herangezogen wurden. Um des besseren Ver­ständnisses willen ist die Orthographie und Interpunktion der im folgenden zitierten, ungedruckten Quellen der heute üblichen Schreibweise angepaßt wor­den, ohne jedoch den Sinn dadurch in irgendeiner Weise zu verfälschen. 2) Wratislaw an Marlborough, 1703 August 1 Wien: Blenheim Papers in the Muniment Room of Blenheim Palace, Woodstock (=; BP) A/I/ll, bei Franz Mathis Marlborough und Wratislaw vor der Schlacht von Höchstädt (ungedr. phil. Diss. Innsbruck 1972) 365 ff. 3) Stepney an Hedges, 1703 Juli 7 Wien: Public Record Office, London (= PRO) State Papers (= SP) 80/21; Stepney an Marlborough, 1703 Juli 7 Wien: ebenda 105/69; Stepney an Hedges, 1703 August 11 Wien: ebenda 80/21.

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