Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
THOMAS, Christiane: „Moderación del poder“. Zur Entstehung der geheimen Vollmacht für Ferdinand I. 1531
Moderación del poder 137 werden. In ihrer und Ferdinands Erwiderung auf die sächsischen Einwände betitelten die Kurfürsten ihren Kandidaten als „subordinirt haubt auß bevelh unnd auctoritet ains römischen kaysers“, das nur das tun wird, was Karl erlaubt, und setzten die binnen kurzem aktuelle Situation gleich mit den Jahren des Regiments, für die ebenfalls nicht von zwei Häuptern gesprochen wurde. Weiterhin falle „alle administration unnd auctoritet des hailigen römischen reichs allain an kay. Mat. als dem obersten haupt.“ Ferdinand hatte sich diesen Ausführungen angeschlossen, die damit zumindest offiziell auch seinen Standpunkt bildeten 142). Nach allem, was aus den Analysen dieser vier Dokumente abzulesen ist, ist nur eine Definition für den Aufgabenbereich des römischen Königs zu Lebzeiten des Kaisers zulässig: Ferdinand ist nichts anderes als der Administrator des deutschsprachigen Reichsteils für die Zeit der Abwesenheit seines älteren Bruders. In ihm nach seiner Wahl weiterhin den Statthalter zu erblicken 143), führt zu Mißverständnissen. Allzu leicht drängt sich als Parallele die Verleihung der Statthalterschaft 1522 auf, deren Rechte durch die Erlässe des Jahres 1531 doch weit übertroffen wurden. Alle anderen in der Literatur auftauchenden Namen wie Mitregent, Unterkönig, Vizekönig, Repräsentant einer Kommissariatsregierung, wären demnach auf ihre Identität oder Verschiedenartigkeit mit dem Gehalt des Wortes Administrator zu überprüfen 144). Karl, fast ängstlich darauf bedacht, nichts von seinem Status als „oberstes haupt“ zu verlieren, will nichts riskieren: Mit Punkt 2 des „bdenckens“ über die Gewalt beteuern seine Verhandlungspartner, daß seinem Wunsch, bei Betreten von Reichsboden unwidersprochen die Administration auszuüben, Folge geleistet werden wird 145 146). Des Kaisers Einstellung hat sich in neun Jahren nicht gewandelt: Gegen die Meinung der Stände, die Abwicklung der Geschäfte würde darunter leiden, wenn bei jedem Aufenthalt Karls im Reich die Wirksamkeit des Statthalters und des Regiments außer Kraft träten, hatte er 1522 in monatelangen Beratungen seine Auffassung durchgesetzt. Seine Würde und sein Ansehen würden gemindert, wenn neben ihm eine zweite Körperschaft regiere14e). Der gleiche Ge142) Ebenda fol. 71 v: Ablehnung Ferdinands und der Kurfürsten auf die mündlichen Einwände der Sachsen. 143) Winckelmann Schmalkaldischer Bund 11. 144) Mitregent: wie Anm. 143; Unterkönig: Rassow Kaiser-Idee 83; Vizekönig: Brandi Kaiser Karl V. 2 220; Kommissariatsregierung: Hatzfeld Staatsräson und Reputation 44. 145) wie Anm. 138 fol. 125 r, 126 v. Dies findet seine Entsprechung in Spanien und den Niederlanden: Rassow Kaiser-Idee 83 spricht von dem „System“ Karls, eigene Regierungen einzusetzen, die er bei Anwesenheit ausschaltet. Ein Vergleich zwischen der Regelung im Reich mit denen der anderen Herrschaftsgebiete geht über das Thema dieses Aufsatzes hinaus. 146) Bauer Anfänge Ferdinands 143.