Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 21 grenze erhalten hat, bzw. daß damals erst durch die Einsetzung eines „iudex provincialis supra Anasum“ die spätere Hauptmannschaft als Gerichtssprengel faßbar wird. Zibermayr hat freilich seine für rund neun­zig Jahre zutreffende Behauptung insoferne überspitzt, als er sowohl vor dem 13. Jahrhundert als auch für das 14. und 15. Jahrhundert die Zuge­hörigkeit des Gebietes bis zur Ybbs zum Lande ob der Enns beweisen wollte. Bei den dazu herangezogenen Quellen hat er nicht immer klar zwischen Hinweisen auf Verwaltungsbezirke und rein geographischen Gebietsbezeichnungen unterschieden 10°). In dem zwischen 1255 und 1258 angelegten Ottokarischen Urbar kommt jedenfalls das Fehlen eines eige­nen obderennsischen Verwaltungs- und Gerichtsbezirkes noch sehr deut­lich zum Ausdruck. Über den inneren organisatorischen Aufbau der Herrschaft Steyr wis­sen wir für einen Großteil der Regierung Ottokars kaum mehr als für die babenbergische Periode. Wenigstens anfangs scheint der König nicht mit gleicher Konsequenz das Kammergut zusammengehalten zu haben wie seine Vorgänger * 101). Daß Dietmar von Steyr bzw. Losenstein noch einige Zeit Oberoffizial gewesen ist — was wohl gleichbedeutend mit seiner Präsenz auf Burg Steyr gewesen wäre — ist eher unwahrscheinlich102). io») Berichtigungen Zibermayrs für die Zeit vor dem 13. Jahrhundert: Karl Lechner Die territoriale Entwicklung von Mark und Herzogtum Österreich in Unsere Heimat 24 (1953) 36: Zibermayrs Behauptung, die Grafschaft habe bis zur Ybbs gereicht und von dort weg hätte die Mark begonnen, ist unrich­tig. Nach dem 13. Jahrhundert gilt: Die im Notizbuch Konrads von Freising ent­haltene Notiz „in Austria superior in officiis Waidhoven, Holnstein, Udmarvelt, Planchen, s. Petri et Aspach“ (Zibermayr Noricum 443) sagt nicht, daß „Austria superior“ auch das Land ob der Enns umfaßt. Kein Beleg für die Behauptung, „erst Ende des Mittelalters vollzieht sich die verwaltungsmäßige Trennung des Gebietes zwischen Enns und Ybbs vom Traungau“ (445). Der für 1408 gegebene Beleg (453 f), der angeblich beweisen soll, der Jurisdiktionsbereich des Hauptmannes ob der Enns, Reinprechts von Wallsee, habe sich bis zur Ybbs erstreckt, kann ausschließlich als Beweis für die machtvolle Stellung des Wallseers, der bekanntlich alle anderen Linien beerbt hatte, angesehen werden. Mit seinem Amt als obderennsischer Hauptmann hat er nichts zu tun. Beispiele für von Zibermayr irrig ausgelegte, rein geographische Gebietsbezeichnungen: 456. 101) UBOE 3 220: (1255 März Linz) Ottokar schenkt Garsten die Gülten von Gütern „in officio Ternperch predium Leonis in Erzperge et mansum Pilgrimi Grupel curiam in der Gersten et in officio Moln predia Marquardi et Heinrici in Gaizperge, prediola Chunradi in via et vidue super Puhel“. Die Objekte sind im landesfürstlichen Urbar Ottokars nicht mehr verzeichnet (LFU 1/1 Einlei­tung 65). Zur Echtheit der Urkunde vgl. Jindfich Sebének Das Urkunden­wesen König Ottokars II. von Böhmen 1247—1263 in Archiv für Diplomatik 15 (1969) 403. 102) Wozu dann nämlich die restriktive Bemerkung, Ottokar dürfe keine Feinde Dietmars mit der Burghut von Steyr betrauen („... in quo castro ini­micos suos non locabimus aliquatenus ex permisso in suum preiudicium aut gravamen“)? Wie Anm. 60.

Next

/
Oldalképek
Tartalom