Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

BREUNLICH-PAWLIK, Maria: Die Aufzeichnungen des Sigmund Friedrich Grafen Khevenhüller 1690–1738

Aufzeichnungen Khevenhüller 1690—1738 249 Ein Markstein im Lebensweg des so erfolgreichen Grafen Kheven­hüller war der 1. Dezember 1721, an dem er mit 23 Mitgliedern des Hoch­adels, unter ihnen auch Don Emanuel Infant von Portugal, Herzog Max von Hannover, Erbprinz Leopold von Lothringen, Herzog Leopold von Holstein, zum Ritter des Ordens vom goldenen Vlies geschlagen wurde. Mit feierlichen Worten schildert er die Vigil der Aufnahme in den Orden, ausführlich stellt er die Zeremonie des Ritterschlages dar; er unterläßt es jedoch auch nicht anzuführen, daß „Tax und Regal 3 459 fl.“ betrugen, wozu noch 98 fl. für den Samtpolster und 280 fl. für den ersten kaiserlichen Kammerdiener und übrige „Bediente“ kamen 52). Vier Jahre später, am 6. Jänner 1725, wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben und im März des gleichen Jahres erhielt er das Incolat in Böhmen; bei Ablegung des Juraments verzeichnet er im Tagebuch: .. welches mier der böhmische Hoff-Secretarius von Jordan vorgelesen, worbey meinen Degen als Ritter des güldenen Flus nicht ablegen dürffte, wel­ches privilegium gleichfalls die Malteser und Teutschordensritter gemessen“ 53). Obwohl Sigmund Friedrich die Möglichkeit gehabt hätte, viele für die Nachwelt interessante Details aus seiner vielfältigen Tätigkeit — war er doch auch Präsident der Ministerialbanco- und der geheimen Deputation — niederzuschreiben, unterließ er dies bedauerlicherweise. Niemals äußert er sich über Inhalt eines Gesprächs, niemals gibt er einen Blick hinter die Kulissen des barocken Wiener Hofes, dessen Protokoll, Prunk und Zere­moniell ihn tief beeindruckten; nur äußerst selten beschreibt er das Aus­sehen und Auftreten einer Persönlichkeit. 1698 Zeuge des Besuches Zar Peters in Wien, hält er fest, daß der Monarch „ein langer was brauner Herr von 28 Jahren“ sei, der, wie man sagt, in seiner Jugend Gift bekom­men hätte, weswegen er „wunderliche Grimaces und Gebärden“ mache 54). Interessant ist auch seine Darstellung der „moscowitschen“ Messe im Königgsegg’schen Garten, der er beigewohnt hat. Eindrucksvoll ist Khe- venhüllers Beschreibung des Einzuges des türkischen Botschafters in Wien 1719 sowie dessen Audienz in der Favorita und beim Prinzen Eugen im Palais in der Himmelpfortgasse. Spärlich sind — gemessen am Umfang seiner Aufzeichnungen — die Notizen über sein Privatleben. In kurzen Bemerkungen gibt er Kunde über Verlobung und Hochzeit mit Maria Renata Gräfin Thannhausen. „Den 9ten dito (Juni 1690), nachdeme Ich mich durch die P. P. Capuciner bey der verwittweten Frauen gräffin Truchsessin von Thanhausen, einer ge- bohrnen gräffin von Wetzhausen, umb Ihre iüngere Freyle dochter, undt der Frauen gräffin von Thun Schwester, welche beyde alleine noch von besagt Fa­ss) Ebenda 84. S3) Ebenda 178, vgl. außerdem Karl Friedrich von Frank Standeserhebun­gen und Gnadenakte für das deutsche Reich und die österreichischen Erblande bis 1806 (Schloß Senftenegg 1972) 3 24. S3) HHStA Dep. Khev., Tagebuch Sigmund Friedrichs 127.

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