Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

BLAAS, Richard: Metternich, Mazzini und die Gründung der Giovine Italia

604 Richard Blaas Material war in der Tat ausreichend: Aus Turin berichtete der Gesandte Graf Bombelles, aus Rom Graf Lützow, aus Genua Konsul Martignoni, aus Marseille Generalkonsul Kick, aus Paris Graf Apponyi und der in eine Gruppe der Carbonari eingeschleuste Agent Mocchetti; die sardinische Regierung und das päpstliche Staatssekretariat tauschten ebenfalls mit Wien Informationsmaterial aus, und was dann noch etwa unklar geblie­ben wäre, enthüllten die bei den politischen Prozessen aufgenommenen Verhörsprotokolle. Bei manchen dieser Gerichtsverfahren gelang es ja auch, den einen oder anderen Inkulpanten umzudrehen und in die eine oder andere Sektengruppe als Spitzel einzuführen. So wurde der bei der Verhaftung Mazzinis in Genua eine Rolle spielende Raimondo Doria, Marchese di Capo Corso e di S. Colombano, ein wichtiger Informant über die „Vendita“ der Carbonari in Genua. Er machte sich dann der öster­reichischen Regierung gegenüber erbötig, Mazzini der österreichischen Polizei in die Hände zu spielen. Dieser von Doria wiederholt gestellte Antrag, einen förmlichen Menschenraub zu organisieren, wurde von Metternich zunächst mit dem Hinweis abgelehnt, daß Mazzini sardinischer Untertan sei und man ihn daher nach seiner Festnahme an Turin aus­liefen müßte. Später äußerte sich Metternich, der unterdessen zu einer sehr präzisen Kenntnis der Pläne Mazzinis gelangt war, dem Anerbieten Dorias gegenüber mit weniger Zurückhaltung. „Ich würde allerdings“, schrieb er an Graf Sedlnitzky, den Leiter der Poli­zeihofstelle, „die Habhaftmachung Mazzinis als ein für die gesellschaftliche Ordnung überhaupt und insbesondere für die Ruhe der k. k. italienischen Staaten sehr ersprießliches Ereignis ansehen, und glaube daher, daß jede Re­gierung, die einen so ruchlosen und gefährlichen Menschen verhaften zu lassen Gelegenheit hat, sich und anderen Staaten dieses schuldig ist“; nur hält er den Abenteurer Doria nicht für den geeigneten Mann, diesen Plan auszuführen, und ein Fehlschlag würde „der Sache des Rechts wesentlich zum Schaden ge­reichen“ 23). Über die Gründung der Giovine Italia wurde zuerst in einem Bericht aus Rom Mitteilung gemacht24), während die ersten Berichte aus Mar­seille von 1831 nur die Ankunft des „jungen Advokaten Masini(!) aus Genua“ erwähnen und darauf hinweisen, daß die piemontesische Regie­rung zu informieren wäre, daß der „sehr bedenkliche Masini“ nach Genua zurückkehren wolle. Graf Lützow setzte in seinem Bericht vom Oktober 1831 den neuen Geheimbund der ihm bekannten Sekte der „Figli della patria“ gleich. Von der Polizeihofstelle wurden umgehend die Gubernien 23 23) Informationsbüro Polizeikorrespondenz 3, StK an Polizeihofstelle (= PHSt) 1833 Juli 22. Zu Raimondo Doria und seinem Anerbieten finden sich zahlreiche Noten in der genannten Polizeikorrespondenz der Jahre 1832/33. Über Doria vgl. auch Mastellone Mazzini 2, 65 ff. 2«) StK Rom Berichte 41, Bericht Nr. 261A von 1831 Oktober 8: „On y trouve des donnés sur les intentions et les plans de la fédération de la jeune Italie qui ne me páráit étre autre chose que la secte des figli della patria

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