Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

RILL, Gerhard: Humanismus und Diplomatie. Zur Geschichte des Gesandtenwesens unter Ferdinand I.

580 Gerhard Rill von Rhetorik und Philosophie —, die Selbstzerstörung im Imitationsstreit und die Neuorientierung der Juristen in der Generation nach Bembo 63 *) erschütterten die Grundlagen einer in der Gesinnung Ciceros geführten Diplomatie, die nur auf Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft beru­hen konnte. Schon bei Pico d. Ä. enthielt die ornamentale Rhetorik die Notwendigkeit der Täuschung, für Pontano war die Lüge ein unerläß­licher Kunstgriff des Orators 84). Pontano war es auch, der eine histori­sierende Bewertung der Oratio begründete: Einerseits schmücken die Reden großer Männer die Geschichte nicht nur, sondern erwecken sie gleichsam zum Leben; andererseits beginnt überall dort, wo die kultivierte Rede auf tritt, die Dichtkunst. . . 65). In Machiavellis spätem Capitolo dell’Occasione erklärt die Titelalle­gorie dem Menschen: wer sie nicht zu fassen wisse, den werde jene dort, die Reue, ergreifen60). Unter dem Aspekt dieser Alternative, die das ganze Werk des Florentiners durchzieht, können auch die prinzipiellen Möglichkeiten des Humanismus im zwischenstaatlichen Bereich gesehen werden. Chancen wie im Zeitalter der Renaissance hat er nicht wieder vorgefunden. 63) Etter Tacitus 6 ff. 64) Breen Giovanni Pico della Mirandola on the conflict of philosophy and rhetoric, ebenda (wie Anm. 62) 384—412; Heinrich Lutz Ragione di stato und christliche Staatsethik im 16. Jahrhundert (Katholisches Lehen und Kämp­fen im Zeitalter der Glaubenskämpfe 19, Münster i. W. 1961) 19 f. 65) G a r i n L’umanesimo itäliano 89. 66) V. 18; in der Edition von Giuseppe Gigli Opere poetiche di Nicolö Machiavelli (Firenze 1908) 102; vgl. S a s s o Machiavelli 154 f.

Next

/
Oldalképek
Tartalom