Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

APPELT, Heinrich: Die libertas affectandi des Privilegium minus

Die libertas affectandi des Privilegium minus 139 denen sich der Einfluß westlichen Lehenrechtes besonders stark geltend macht. 3. Es ist daher anzunehmen, daß die sprachliche Fassung der libertas affectandi des Privilegium minus auf einen Angehörigen der Reichs­kanzlei zurückgeht, der von den Sprachgewohnheiten und Rechts­anschauungen dieser westlichen Gebiete beeinflußt war. Das könnte für den Notar Arnold H (Albert) zutreffen, dessen Anteil am Diktat des Minus Zeillinger 17) herauszuarbeiten versucht hat. 4. Die Hypothese von einer byzantinisch-mittelgriechischen Beeinflussung dieses Satzes des Minus ist damit endgültig überwunden. Es handelt sich nun darum, diese Ergebnisse für die rechts- und ver­fassungsgeschichtliche Interpretation der berühmten Urkunde nutzbar zu machen. Da ist die Gleichsetzung der Begriffe „donare“ und „affectare“ das Entscheidende. Ein Zweifel daran, daß der Kaiser dem Herzogspaar ein Verfügungsrecht über das Herzogtum zuerkannt hat, ist nicht mehr möglich. Vom lehenrechtlichen Standpunkt aus gesehen lief dies auf die Zusage hinaus, denjenigen, der zum Erben des Dukats eingesetzt wurde, auch von Reichs wegen damit zu belehnen. Es wäre nun freilich ein Irrtum, wollte man aus der Feststellung, daß die sprachliche Prägung der libertas affectandi aus dem französischen Sprachbereich stammt, den Schluß ziehen, daß die einzelnen Privilegien, die dem Herzog von Österreich von Barbarossa verbrieft wurden, vom Geist westeuropäischen Lehenrechtes bestimmt seien. Das gilt nur ganz allgemein insofern, als es im Ermessen des Lehensherrn stand, die Pflichten des Vasallen herabzusetzen. Die verfassungsrechtliche Entwick­lungstendenz, die sich in den Vereinbarungen zwischen dem Reichsober­haupt und dem österreichischen Landesherrn abzeichnet, ist den gleich­zeitigen Strömungen in den westeuropäischen Monarchien geradezu ent­gegengesetzt. Während die Könige von England und Frankreich mit sicht­lich wachsendem Erfolg jede Gelegenheit wahrnehmen, aus ihren ober­lehensherrlichen Rechten Ansprüche auf Abgaben und auf Eingriffe nicht nur in die Regelung der Erbfolge, sondern auch in die inneren Verhält­nisse und in die Gerichtsbarkeitspflege der Lehen herzuleiten, gelingt es im römisch-deutschen Reich den Fürsten, ihre Stellung auf Kosten der Krone auszubauen, ihre Verpflichtungen dem Reichsoberhaupt gegenüber herabzusetzen, die Regalien fest in die Hand zu bekommen und schließlich sogar die Nachfolge in ihren Landen für den Fall des Erlöschens der 17) Kurt Zeillinger Die Notare der Reichskanzlei in den ersten Jahren Friedrich Barbarossas in Deutsches Archiv 22 (1966) 513 ff. Es sei hier besonders auf die ebenda 517 aufgezeigte Diktatparallele zu DK III 255 aufmerksam ge­macht: „habeant liberam potestatem assumendi sibi advocatum personam quamcumque voluerint“.

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