Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

KOHLER, Alfred: Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55

Die Sicherung des Landfriedens im Reich 159 Der Entwurf, den Braun nach der Übergabe des kurfürstlichen Ent­wurfs am 1. Juli ausarbeitete, hat wiederum Kompromißcharakter: In formaler Hinsicht hielt er an der bisherigen Konzeption fest, den organi­satorischen Teil den Ausführungen über Plackereien, Vergarderungen etc. voranzustellen. Inhaltlich schloß er sich in vielen Punkten dem Entwurf des Kurfürstenrates an95 96). Einige Bedenken, u. a. gegen die Besteuerung der Untertanen, konnten bei den Beratungen im Ausschuß und im Plenum des Fürstenrates Ende Juli rasch zerstört werden, sodaß Zasius am 29. Juli dem Kurfürstenrat das schriftliche Ergebnis überreichen konn­te "). Die Kritik an diesem zweiten Entwurf des Fürstenrates entzündete sich im Kurfürstenrat an den Formalia. Sachsen nannte das Schriftstück „confus, da empter, personen, execution etc. alle durcheinander vermengt, da das churf. bedenken ein pessere Ordnung mitpringt und haltet“97). Eine Parallele zur Argumentation Brauns hinsichtlich des kurfürstlichen Entwurfs ist evident. Welcher Entwurf nun hinsichtlich der formalen Kon­sequenzen des organisatorischen Teiles der bessere war, sei dahingestellt. Die Frage ist schon deshalb von untergeordneter Bedeutung, weil der Kurfürstenrat keine Diskussion über die Formalia wünschte. Gewiß aber besticht die logische Konsequenz, mit der Braun etwa den zweiten Teil einer Exekutionsordnung entwickelt hat, der sich mit der Bekämpfung der Plackereien, Vergarderungen und den „landtfriedbruchigen vheden und kriegsgewerb und gewaltige hörzug“ befaßt. Braun hat es dabei nicht unterlassen, seinen Ausführungen eine Definition der beiden ersten Fälle von Landfriedensbruch voranzustellen 98). In den Beratungen des Kurfürstenrates vom 5. bis 16. August ging es über alle formalen Vorbehalte hinaus darum, inwieweit die vom kurfürst­lichen Entwurf abweichenden Ergebnisse des Fürstenrates abzulehnen oder in einen neuen Entwurf einzuarbeiten waren "). Das erstere überwog bei weitem. Dies begann mit der Ablehnung des Ingresses, der die Exekution des Landfriedens expressis verbis den zehn Reichskreisen übertrug und im ersten Artikel des organisatorischen Teiles überdies eine auf die 95) Der zweite Entwurf des Fürstenrates im HHStA, RK RTA 29 a (II H), Reinkonzept; Hs. W 604 fol. 299 r—350 v, Konzept mit Korrekturen von Zasius; MEA RTA 41 fol. 239 r—268 v, Reinschrift. 96) Vgl. Ernst Briefwechsel 3, 268 und 271. — Zur Übergabe vgl. das ebenda 275 Anm. 2 abgedruckte Kurf.-Prot. 97) Ebenda 295 Anm. 1. 98) Plackerei ist das „gefährliche umbschwaifen weniger und unversamb- leter personen“; Vergarderungen hingegen sind „verbotne aufwiglungen, Ver­sandungen und rottierungen viler personen“; siehe HHStA, MEA RTA 41 fol. 253 v. ") Ein dritter Entwurf des Kurfürstenrates im HHStA, MEA RTA 41 fol. 314 r—340 r, Reinschrift; Hs. W 604 fol. 354 r—373 v, Reinschrift. — Zu den Beratungen vgl. Kurf.-Prot. fol. 642 v—715 r.

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