Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

KOHLER, Alfred: Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55

158 Alfred Kohler Prälaten bestand 85). Dieser (weitere) Ausschuß, der alle Materien beraten sollte, betraute am 6. April Konrad Braun und den württembergischen Rat Hieronymus Gerhard mit der Ausarbeitung eines Entwurfs 86). Den Anlaß zu dieser Initiative dürfte die ablehnende Haltung des Kurfürstenrates auf eine Anfrage der Ausschußmitglieder des Fürstenrates am 5. April gege­ben haben, den kurfürstlichen Entwurf „vertreulich communicieren“ zu wollen 87). Am 20. April konnten Braun und Gerhard dem Ausschuß ein Konzept vorlegen, das sich unter dem Einfluß des Württembergers eng an die Frankfurter Ordnung anlehnte 88). Das minutiös mit Rubriken versehene Schriftstück trägt jedoch unverkennbar die Züge eines Kompromisses. Während eine Reihe wichtiger Artikel mit den entsprechenden Titel­angaben wörtlich oder in leicht abgeänderter Formulierung dem Frank­furter Entwurf entnommen sind 89), ließ man dessen wichtigste organisa­torische Konsequenz, die Generalobersten, beiseite und einigte sich statt dessen auf die Wahl eines „obersten reichs hauptmannes“ im Falle einer über die militärische Stärke von fünf Kreisen hinausgehenden Kreishilfe, die auf einem Reichskreistag in Worms oder Frankfurt unter Teilnahme der kaiserlichen Kommissare erfolgen sollte 90). Braun war es hier schon gelungen, im Sinne der geistlichen Reichsstände den kaiserlichen Einfluß sicherzustellen 91). Im Mai und Juni wurde der Entwurf hin und wieder im Ausschuß bera­ten und erreichte angesichts der von den protestantischen Mitgliedern für nötig erachteten Beratung über die Konstitution des kaiserlichen Land­friedens von 1548 keinen entscheidenden Fortschritt °2). Auch gelangte der Entwurf des Ausschusses nie in das Plenum. Immer wieder äußerten die württembergischen Gesandten Herzog Christoph gegenüber Bedenken ge­gen alle Funktionen, die dem Kaiser in einer Exekutionsordnung zukom­men sollten, gaben ihren Widerstand aber schon sehr früh auf 93). Es ist möglich, daß die Württemberger, die Anfang Juni den kurfürstlichen Ent­wurf zu sehen bekamen, ihre Hoffnung auf die Durchschlagskraft der Kurfürsten setzten 94). 8ä) Ernst Briefwechsel 3, 110 Anm. 1. s«) Ebenda 121 Anm. 12; FR-Prot. fol. 275 r. 87) FR-Prot. fol. 274 r v. 88) Ebenda fol. 276 v. — Der Entwurf im HHStA Hs. W 604 fol. 234 r—264 r, unvollständiges Reinkonzept. 8») Art. 9, 16—20, 25—31 der Frankfurter Ordnung. 90) Vgl. fol. 239 v im Entwurf Brauns und Gerhards. 91) Leopold von Ranke Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation 5, hg. v. Paul Joachimsen (München 1925) 298. 92) Zu den Beratungen im Fürstenrat im Juli und August vgl. Ernst Briefwechsel 3, LIX. 9S) Vgl. Ernst Briefwechsel 3, 243 Anm. 3. 94) Ebenda 215.

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