Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

KOHLER, Alfred: Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55

Die Sicherung des Landfriedens im Reich 157 denen Gründen war der Fürstenrat diesem modus procedendi jedoch nicht gewachsen81). Die Anfrage des Fürstenrates führte am 1. Juli zu einer längeren Debatte im Kurfürstenrat. Wollte man sie positiv erledigen, so war zu­nächst zu beachten, daß die Konsequenzen eines Präzedenzfalles abzu­wenden waren und darüber hinaus dem Fürstenrat absolute Vertraulich­keit und ein ausdrückliches Abschreibeverbot auferlegt werden mußte. Ins­gesamt hegten die kurfürstlichen Gesandten Mißtrauen gegenüber dem Vorschlag von Zasius, den kurfürstlichen Entwurf direkt dem Ausschuß des Fürstenrates zu übergeben, in dem Konrad Braun und die württembergi- schen Räte Plieningen und Ber die Hauptakteure waren. Diese Bedenken wurden bei der Übergabe an den Fürstenrat ebenso wenig wie das Abschreibeverbot, von dem man sich schließlich doch wenig erwarten konnte, vorgebracht. Ausdrücklich behielt man sich aber das Änderungs­recht vor und machte in diesem Zusammenhang auf jene zwei Artikel — Höhe der Kreishilfe, Besteuerung der Untertanen — aufmerksam, die noch unverglichen waren. Der Fürstenrat erklärte sich bereit, die gestell­ten Bedingungen zu erfüllen 82). Der Fürstenrat ging in der Sache rasch vor und überstellte den kur­fürstlichen Entwurf am 3. Juli dem Ausschuß, wo in den folgenden Tagen Konrad Braun die Hauptlast der Ausarbeitung eines zweiten fürstlichen Entwurfs trug. Es stellte sich nun die Frage, ob man dem kurfürstlichen Entwurf in formaler wie in inhaltlicher Hinsicht entgegenkommen sollte. In beiden Belangen rechneten die württembergischen Gesandten mit einer geringen Konzessionsbereitschaft des Kurfürstenrates und schlu­gen deshalb vor, „des fürstlich dem churfürstischen (Bedenken) wa müg- lich cediern, auch was selbige form und was passierlich, pleiben“ zu lassen83). Braun hingegen übte heftige Kritik an der Form des kurfürst­lichen Entwurfs und war in dieser Hinsicht zu keinen Konzessionen bereit 84 * *). Zum vollen Verständnis des Folgenden muß kurz die Ausgangsposi­tion im Fürstenrat aufgezeigt werden. Der Fürstenrat hatte nach der Ablehnung eines gemeinsamen Ausschusses zur Beratung des Landfrie­dens durch den Kurfürstenrat am 11. März einen Ausschuß gewählt, der aus den Vertretern von Österreich, Eichstätt, Salzburg, Augsburg, Bayern, Brandenburg, Jülich, Württemberg und je einem Vertreter der Grafen und 8i) Zasius betonte, daß der Fürstenrat ehestens in acht Tagen mit der Beratung der Exekution des Landfriedens fertig sein würde; vgl. Kurf.-Prot. fol. 557 v, 558 r. s2) Siehe Ernst Briefwechsel 3, 252—254; ebenda 252 Anm. 2 ein Auszug aus dem Kurf.-Prot. 83) Siehe Ernst Briefwechsel 3, 261. 84) In einem Schreiben an den Bischof von Augsburg vom 12. Juli betont Braun, daß „der churf. Schriften alle confus, on grammatik und construction und mit ungepreuchlichen teutschen Worten gestellt“ (ebenda 261 Anm. 2).

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