Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

NECK, Rudolf: Sammelreferat. Erster Weltkrieg

Rezensionen 545 historischen und einen systematischen Teil gegliedert: Im ersten wird die österreichische Finanzpolitik im Königreich Neapel zwischen 1707 und 1734 in mehreren chronologischen Abschnitten behandelt. Im zweiten Hauptteil werden Einkünfte und Ausgaben nach Sachgruppen geordnet besprochen. Ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Personen- und Sachregister beschließen den Band. Zu dem, wie es scheint, sehr sorg­fältigen und intensiven Quellenstudium des Autors wäre besonders zu be­merken, daß er die Nachlässe einiger Vizekönige, namentlich von Daun, Gallas und Schrattenbach, in tschechoslowakischen Archiven herangezogen hat. Trotz mancherlei Einzelstudien bleibt immer noch Benedikts König­reich Neapel unter Kaiser Karl VI. (1927) in der Fülle der enthaltenen Nachrichten unerreicht und auch für Di Vittorio grundlegend. Dank der klugen und abwartenden Finanzpolitik der beiden ersten Vizekönige Martinitz und Daun stabilisierte sich die in schwerster Krise befindliche wirtschaftliche Lage des Königreichs am Beginn der öster­reichischen Herrschaft, während sich schon der nächste Vizekönig, Kardi­nal Grimani, immer dringenderen Forderungen seitens des Königs gegen­übersah. Neben die auf ausdrücklichen Wunsch Karls beibehaltene Ver­waltung, die vom Vf. übrigens ebenso wie die Zusammensetzung der staatlichen Einkünfte kurz und übersichtlich dargelegt wird, trat unter Grimani 1710 die Giunta dei Commercio, die sich aber bald fast ausschließ­lich dem Problem des Tabakschmuggels widmete. Donative, der Verkauf der eingezogenen „feudi“ des bourbonenfreundlichen Adels sowie wieder­holte „valimenti“, d. h. Zurückhaltung von Einkünften nicht im König­reich lebender Untertanen und von Ausländern — eine Maßnahme, die sich vor allem gegen den Klerus richtete — bildeten zusätzliche Einnahms­quellen. Hatten sich nach einer letzten Verschärfung 1713 die Anforderun­gen an das Königreich Neapel während der zweiten Regierungsperiode Dauns in militärischer und damit verbunden finanzieller Hinsicht etwas beruhigt, so trat bald wieder, vor allem durch die kostspieligen Vor­bereitungen zur Eroberung Siziliens, eine Verschlechterung ein, sodaß es, nicht zuletzt durch die Ungeschicklichkeit des Vizekönigs Schrattenbach, 1721/22 zu Unruhen in Kalabrien kam. Dem nach dem Tiefpunkt der Kriegsjahre einsetzenden Aufschwung entsprang die Initiative zum Rück­kauf der veräußerten Fiskalien, zu welchem Zweck 1726 der Banco di S. Carlo gegründet wurde. Trotz nicht geringer Widerstände vor allem von Seiten der Interessenvertreter der Hauptstadt überdauerte diese Schöp­fung der österreichischen Regierung deren Zusammenbruch noch um einige Jahre. Sie muß, so der Vf., als der bedeutendste Schritt des wirtschaft­lichen „riformismo asburgico“ im Königreich angesehen werden; zugleich ist sie keine isolierte Maßnahme, sondern entspricht dem gesamten Finanzkonzept Karls VI. — ein Beispiel dafür, wie trotz schwerer wirt­schaftlicher Schädigung die Einbeziehung in die habsburgische Politik dem Königreich auch Vorteile brachte (zwischen habsburgischer Hauspolitik und Reichspolitik sollte genauer unterschieden werden; vgl. S. 51, 79, 100). Staatsbank und eine neue Volkszählung sollten die Basis einer rationellen staatlichen Finanzpolitik bilden, wie sie dem wohl bedeutendsten Vize­könig, Alois Thomas Harrach (1728—1733), vorschwebte. Das Schlußurteil Mitteilungen, Band 24 35

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