Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II
332 Lorenz Mikoletzky neuen Systems; werde es dennoch eingeführt, so müsse es „unfehlbar binnen kurzer Zeit dem Edelmann, dem Untertanen und aller Gattung von Landesinwohnern überhaupt, mithin dem ganzen Reiche, den Untergang bringen“ 54 *). Aber der Kaiser ließ sich durch nichts von seinem Weg abbringen und wandte sich nach Erledigung der Anfragen und Vorschläge an die Kommission wieder näher dem Geschäft der Urbarialregulierung zu, die bisher nicht gesondert behandelt worden war. Der fixe Startpunkt der Urbarialregulierung wird mit dem Handschreiben vom 10. April 1787 gesetzt, in dem der Kaiser die Zusammenstellung der verschiedenen „Löhner“ fordert und alles in Geld anzuschlagen ist. Zinzendorf wollte aber die nunmehr vom Kaiser geforderte Verbindung der beiden Geschäfte in einem Behandlungskomplex nicht wahrhaben. Er glaubte aus diesem Plan schließen zu können, und dies zeigt wieder deutlich seine Hoffnung auf das Nichtzustandekommen der Angelegenheit, „daß die ganze Arbeit von Sr. Majestät nicht anbefohlen werden würde, wenn ah. Dieselben nicht weislich und erleuchtet einsähen, daß ohne ein ernsthaftes Anstreben, den reinen Ertrag eines jeden Grundes soviel möglich ans Licht zu bringen, Dominical- und Rustical-Gründe nimmermehr gleich belegt, wie auch nimmermehr ein proportioneller Steuer Dividend herausgebracht werden könne“ 6R). Auch in der Folge versuchte Zinzendorf, alles zu torpedieren. Nach seinem Vorschlag sollten zunächst alle Urbarialschuldigkeiten vom Bruttoertrag der untersuchten bäuerlichen Wirtschaften in Abzug gebracht werden, um mit dem so konstruierten „Reinertrag“ die vom Staat bezogenen Steuern vergleichen zu können. Der dem Kaiser ergebene Widersacher Zinzendorfs, Hofrat Eger, wollte sowohl die Staatssteuern als auch die Urbarialschuldigkeiten als Prozentsätze des Rohertrages der Bauernwirtschaft darstellen. Aber er kannte Zinzendorfs Einstellung und trat in der Hofkommission mit scharfer Kritik gegen dessen Vorhaben auf. Seine größten Bedenken gegen die zu diesem Zweck anzulegenden Tabellen waren, daß sie niemals geeignet wären, den Kaiser über das Wichtigste, nämlich über das „Verhältnis, in dem die Urbarialgiebigkeiten gegen die landesfürstliche Kontribution stehen“, zu informieren. Zinzendorf drehte wohl den Spieß um und erklärte vor der gleichen Kommission, daß es Egers Absicht sei, „die obrigkeitlichen Prästanda in ein sinistres Licht zu sezen“ 56), aber Eger fand mit seinem Standpunkt die Billigung des Kaisers. Da nun der Grundbesitzer neben den landesfürstlichen auch die Ur54) Vgl. Ludwig Mises Die Entwicklung des gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses in Galizien bis zu seiner Auflösung (1772—1848) (Wiener Staatswissenschaftliche Studien 4, 2. Heft, Wien-Leipzig 1903) 79 f. 5ä) Rozdolski Steuer- und Agrarreform 95. 6e) Ebenda 97.