Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes
Triestiner Handel vor 1790 259 Fabrikanten die einzig zuständigen Fora bilden 27 28). Das Privilegium Fori, ein für Gewerbetreibende und Handelsleute in Triest in späteren Zeiten arg umstrittener, weil vielfach eigenmächtig ausgelegter Begriff, erscheint hier erstmals, wenn auch in etwas vager Formulierung angedeutet. Wer aber annahm, daß die Funktionen dieser schon 1719 geplanten Wechsel- und Merkantilgerichte, soweit sie zumindest Fiume und Triest betrafen, zu gegebener Zeit eindeutig ausgelegt worden wären, irrte. Das am 20. Mai 1722 verkündete Wechsel-Patent klärte zwar die Untertanen ausführlich und genau über jedwede Form und Art der Wechsel und Schuldbriefe auf, beschränkte sich jedoch hinsichtlich der diesen Gerichten in Triest und Fiume zugedachten Aufgaben auf die Feststellung „daß ... an diesen beeden Orten ..., nest denen Wechsel-Strittigkeiten gleichfalls die andere Processus, und Controversiae Civiles, welche Commercii — und dahin gehörigen Materien als in Mercantil — und Navigations-Sachen sich ergeben thun, bey selbigen Wechsel- und Consulats-Gerichten incami- niret de pleno abgehandelt und judicando sumariter ... errörtert“ werden sollten 2S). Diese sehr allgemein gehaltene Diktion führte, im Verein mit der alles andere als straffen karolinischen Verwaltung insoferne zu einer gewissen Unordnung, als die im Freihafenprivileg enthaltene Aufforderung nach „freyen Treibung“ des Handels, wie zu erwarten war, vielfach ad literam aufgefaßt und auch in die Tat umgesetzt wurde. Unkontrollierte Geschäftsgründungen von Individuen, denen es vielfach an der notwendigen merkantilen Erfahrung wie auch an Kapitalien gebrach, trugen zur Gefährdung des guten Rufes der Stadt und zum Schaden der dort operierenden seriösen Händler bei. Der nach 1750 einsetzende kommerzielle Aufschwung Triests schien durch eine Reihe fahrlässig herbeigeführter Fallimente ernstlich gefährdet. Rechtzeitig solchen unerquicklichen Gang der Dinge erkennend, erließ Maria Theresia am 19. Jänner 1758 eine, durch die am selben Tage publizierte Merkantil- und Fallitenordnung ergänzte und erläuterte neue Gerichtsordnung für die „Consulats- und Merkantil Tribunalia“ des Litorale 29). Primärer Zweck dieser neuen Ordnungen war es, den Merkantilgerichten die weitgehende Kontrolle über Geschäftshäuser und einzelne Großhändler zu 27) Ebenda: ......vergünstigen Wir ferner gnädigst, daß sie Trafficanten und Handels Leuthe welche in obberührten beeden Porti Franchi dasselbst wohnen und handlen, wegen der Handlsehafft von keinen anderen als dem von Uns ansetzenden Special Richter und Wechsel-Gericht geurtheilt werden sollen ...“. 28) AVA Patent vom 20. Mai 1722, Wechsel-Gericht, Erster Titul § VIII. 29) AVA Patent vom 19. Jänner 1758, Gerichtsordnung für das Litorale: .....sind die bis anhero in Unserem Littorali bey denen Mercantil-Tribunalien beobachte ten Unordnungen, Unschicksamkeiten, und gewiße einer guten Justiz- Pflege straks zuwider laufende Gewohnheiten so groß und namhaft, daß Wir Uns entschliessen müssen nachfolgende Gerichts-Ordnung gesetzmäßig fürzuschreiben ...“. 17*