Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

GASSER, Peter: Triestiner Handel vor 1790. „Corpo Mercantile“, die Anfänge der Handelsbörse und die Opposition Fiumes

Triestiner Handel vor 1790 257 1780 nach, in welchem er dem Hofkanzler Heinrich Kajetan Grafeu Blümegen gegenüber die ihm offenbar jüdischerseits unterstellte Partei­lichkeit auf das entschiedenste in Abrede stellte und von den ge­planten Änderungen an der Resolution vom 28. August 1779 bis auf wei­teres dringendst abriet. „Keineswegs“, so führte Zinzendorf an, „ist die Jüdische Nazion durch die neue Verfassung eines Vorrechts beraubt worden, in dessen Besitz sie zuvor gewesen. Ebensowenig wird sie von den Berathschlagungen des Handelsstandes pragmatisch ausgeschlossen, vielmehr hat sie denselben jedesmal, wenn der ganze Handelstand versammlet wird, nach wie vor beyzuwohnen, und auch ausser diesen Versammlungen wird der allerhöchsten Vorschrift vom 28ten August 1779 gemäß nie nichts Wichtiges ohne Einvernehmen der Jüdischen börsenmäßigen Handlungshäuser abgehandelt werden. Es steht denselben völlig frey, wie ehedem, ihre vota separata zu geben, und wie ehedem, sich gerade an das Gubernium zu verwenden ... Damit aber gar kein Zweifel über die Meinung der meisten Stimmen ... bleiben möge, so sind sowohl der Börse Direktor Bellusco, als verschiedene andere Börsenmäßige Handelsleute ... bei mir erschienen, um mich zu verständigen, daß ihr Sinn ... kein anderer sey, als daß die Jüdischen Handelsleute so wie bisher von der einfachen Börse- Direktion und Vize-Direktion ausgeschlossen gewesen, auch künftig von der durch die Deputierten vorgestellt werdenden Direktion ausgeschlossen blei­ben ...“ 21). Bittere und verächtliche Worte fand hier der Gouverneur auch für den gewesenen Börsendirektor Bellusco, dem er mangelnde Loyalität ihm, wie auch seinem Vertrauten Antonio Rossetti gegenüber vorwarf. So hätte Bellusco den Marco Levi in das Gubernialdekret, das die besagten Ände­rungen an der Börse beinhaltete, vor Zustellung desselben an die übrigen Mitglieder der Börse Einsicht nehmen lassen. Auch hätte er, der über den Inhalt der auf Betreiben des Levi an die Kaiserin gerichteten Petition aus erster Hand informiert worden war, es unterlassen, dem Gubernium eine diesbezüg­liche Meldung zu erstatten. Der Vorwurf, antisemitisch eingestellt zu sein, wird von dem Grafen Zin­zendorf mit dem Hinweis pariert, daß er jüdische Handelsleute, wie etwa den Jakob Hirschei, Todesco oder Vitali wegen ihrer Kenntnisse und „nütz­lichen Bemühungen“ nicht weniger als die christlichen Händler schätze, sich von diesen auch gerne beraten lasse, wie überhaupt seine „Gedenkungsart in diesem Betreffe stadtkundig“ wäre 21 22). Aus diesem Kreise auch von ihm als ehrenwert erkannter jüdischer Kaufleute seien niemals Wünsche hinsichtlich der Deputiertenwahl erhoben worden. Für die unter den Triestiner Handels­herrn nunmehr stark aufgetretenen antisemitischen Tendenzen machte er ein­zig und allein den Marco Levi verantwortlich, dessen überhebliches, despo­tisches und ränkesüchtiges Gehaben das jüdische Element unter den Kaufleuten in Mißkredit gebracht hätte. Levis vielgepriesene Verdienste existierten ledig­lich in dessen Phantasie, versicherte der Gouverneur, wie sich hinter den von Levi angeführten Kommissionen und Deputationen auch nur die Tatsache verberge, daß auch er, wie andere Kaufleute, „von Zeit zu Zeit“ vom Guber­nium zur Erörterung lokaler Wirtschaftsfragen herangezogen worden sei. Schließlich hätten Marco Levis „Bemühungen“ um den Tabakexport dem 21) Ebenda fol. 361—361 v und 374—376 v: Bericht Zinzendorfs an den Hofkanzler Grafen Blümegen vom 7. Februar 1780. 22) Ebenda. Mitteilungen, Band 24 17

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