Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

PILLICH, Walter: Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser

Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser 241 Vor 1588 hatte Schwaiger wieder eine größere Anzahl von Siegelstem­pel für die Reichskanzlei umgeschnitten und durch den Taxator der Reichshofkanzlei, Werner Braitschwert89 90) erfahren, daß ihm für seine Arbeiten ein „großer abbruch“ an den Preisen drohe. Deshalb wandte sich Schwaiger schriftlich an Braitschwert, und wir erfahren dabei einiges aus dem persönlichen Leben des Siegelschneiders. Daß Schwaiger, wie er selbst angibt, bereits dem vierten Kaiser ") diene und ihm niemals etwas „abgebrochen“ wurde, und daß er auch nie für seine Arbeiten überforderte Preise verlangte und dabei stets alles sauber arbeite, könne ihm schwerlich ein anderer nachmachen. Er sei nun schon drei Jahre in Wien und müsse von seiner Frau und den Kindern getrennt leben. Braitschwert müsse sich auch erinnern, welche Mühe er sich immer mit seinen Arbeiten für den Kaiser gegeben habe, sodaß sein „gesicht“91) das eines armen alten Mannes und „verderbt“ bis zu seinem Tode sei. Er hätte daher nie gedacht, daß ihm von seinen Forderungen für seine Arbeiten etwas abgezogen werde, sondern eher, daß ihm eine „gnade“ oder „provision“ 92) zuteil werde. Obwohl Schwaiger nun schon 35 Jahre den Kaisern, so oft er gebraucht werde, persönlich diente, habe er nie außerordentliche Geldgeschenke erhalten, sodaß er nur von seinem harten Verdienst leben mußte. Man möge auch nachsehen, ob er nicht für jeden früheren Goldbullenstempel 300 fl. erhalten habe. Er hoffe, da er hier in einer großen Schuldenlast stecke, daß ihm nichts von seiner Rechnung abgezogen werde, sondern eher, daß er einer besonderen Gnade teilhaft werde, damit er wieder zu „weib und khindt“ nach Augsburg ziehen könne und nicht bei seiner fleißigen Arbeit an den Bettelstab komme. Abschließend hoffe er, daß ihm wo­möglich garnichts oder doch nicht zu viel von seiner Rechnung abgezogen werde, weil er dies in seinem hohen Alter nicht mehr erleben wolle. Nun folgt auf dieses Schreiben eine vom Reichstaxamt angefertigte Aufstellung der dem Schwaiger „abgebrochenen“ Preise, wobei die von Schwaiger ursprünglich verlangten Preise für die geschnittenen Siegel nicht bekannt sind. Es sind dies im Einzelnen für das „fluß“93) fünf kleine Siegel, jedes zu 15 fl., insgesamt 75 fl.94), weiters für einen Siegelstock der Goldenen Bulle 225 fl. Es war dies nur die Reversseite der Goldbulle, deren Preis genau dem früheren halben Preis für die 1579 geschnittenen beiden Goldbullenstempel von 450 fl. entspricht95). Dann wurden noch für zwei große Siegel 233 fl. und 20 kr. ") Braitschwert war von 1585 bis 1598 Taxator der Reichskanzlei: Gross Reichshofkanzlei 450. 90) Hier scheint wohl gemeint zu sein, daß Schwaiger unter vier Kaisern gedient habe, nämlich von Karl V. bis Rudolf II., da eine Arbeit Schwaigers für Karl V. bisher nicht nachweisbar ist. 91) Gemeint ist hier das Augenlicht, das Schwaiger bei seinen Arbeiten ver­loren hat. 92) Gnade ist ein Geldgeschenk und Provision in diesem Fall eine Pension, also ist eine Altersversorgung gemeint. 93) Der Orden vom Goldenen Vlies. 94) Vermutlich die fünf Sekretsiegel bei Posse Siegel 3, 24 und Tafel 37/4—8. 95) Dieser neue Revers mit dem Goldenen Vlies fehlt bei Posse; vgl. den alten Revers der Goldbulle Kaiser Rudolfs II. von 1578, bei Posse Sie­gel 3, 24, Tafel 36/3. Mitteilungen, Band 24 16

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