Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
PILLICH, Walter: Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser
Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser 227 er befahl, man möge dort die „maister des goldtschmidts hanndtwerdis“ bewegen, den Schwaiger sein erlerntes Goldschmiedehandwerk, ungeachtet der Goldschmiedeordnung, wie anderen Meistern mit Gesinde und Lehrjungen ausüben zu lassen, damit er seinen Unterhalt für sich und seine Familie finde. Die Goldschmiedeinnung möge sich „gehorsam ... erzaigen und beweisen“, damit Schwaiger gemäß dem ihm vom Kaiser, seinerzeit noch als römischen König, erteilten Privileg von 1553 dessen teilhaftig werde. Damit würde man dem Kaiser wie auch Schwaiger „ain angenembes gnediges gefallen“ erweisen 16). Das Einschreiten Kaiser Ferdinands I. war wohl auch aus praktischen Erwägungen erfolgt, da der neue Kaiser bald nach seiner Krönung in Frankfurt am Main im März 1558 die Siegel bei Schwaiger in Auftrag gegeben haben dürfte. Im Zuge der Neuorganisation der Reichskanzlei wurde dann am 1. Juni 1559 eine neue Reichshofkanzleiordnung erlassen, die genau die Anzahl der Siegel, ihre Ausstattung und ihren Gebrauch bestimmte, nämlich das große, mittlere und kleine Siegel, die neben der Goldbulle Verwendung finden sollten17). Traditionsgemäß war für die Anschaffung und Kosten der notwendigen kaiserlichen Siegel in der Reichskanzlei in Wien der Mainzer Erzkanzler zuständig 18 *). Anfang Oktober 1558 wandte sich Ulrich Schwaiger mit einer eigenen Bittschrift an Stadtpfleger, Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Augsburg, in der er mitteilte, daß er auf Befehl des Kaisers drei Siegel und die Goldene Bulle zu schneiden habe; davon seien das größere und die kleineren Siegel bereits geschnitten und der Abdruck an den Kaiser schon übersandt worden. Die Ablieferung dieser Siegel sei ihm aber noch nicht erlaubt worden. Da Schwaiger dem Kaiser aber noch das Schneiden der Goldenen Bulle sowie zwei großer ungarischer Kronsiegel zugesagt habe, würde ihm das Verbot der weiteren Arbeit nicht nur einen finanziellen Nachteil, sondern auch die Ungnade des Kaisers eintragen. Deshalb habe er gestern beide Bürgermeister selber angesprochen, die auf seine Bitte geantwortet hätten, er solle die Sache „wie bißheer beruen lassen“. Schwaiger ging daher nochmals zum Bürgermeister Lienhart Christoph Rehlinger und wiederholte seine dringende Bitte. Dieser riet ihm, sich an die Goldschmiedeinnung zu wenden. Da aber der kaiserliche Taxator und Registrator der Reichskanzlei, Christoph Ungelter von Theisen- hausen 1B), und der kaiserliche Sekretär Stephan Wolgemuet20) gerade jetzt in Ifi) HHStA GFHP 9: 1558 September 14 Wien, Kaiser Ferdinand I. an die Stadt Augsburg; Jb 15 (1894) n. 11.835. 17) Thomas Fellner - Heinrich Kretschmayr Die Österreichische Zentralverwaltung 1/2 (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs 6, Wien 1907) 288 ff. is) Helmut M a t h y Über das Mainzer Erzkanzleramt in der Neuzeit. Stand und Aufgaben der Forschung in Geschichtliche Landeskunde (Veröffentlichungen des Institutes für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz 2, Wiesbaden 1965) 118. 19) Ungelter diente seit 1540 als Schreiber in der Kanzlei König Ferdinands I., war 1550 Gegenschreiber des Taxators im Reichstaxamt, fungierte seit 1559 als Taxator, resignierte im Frühling 1585 und starb Ende 1588: Lothar Gross Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559 bis 1806 (Wien 1933) 449 f. 20) Wolgemuet war eigentlich nur Kanzleischreiber in der Reichskanzlei von 1559 bis 1562 (?): Gross Reichskanzlei 471. 15*