Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

ŽONTAR, Josef: Michael Černović, Geheimagent Ferdinands I. und Maximilians II., und seine Berichterstattung

Michael Cernovic, Geheimagent Ferdinands I. und Maximilians II. 211 nahm Cernovic auch bei den übrigen Wesiren Abschied. Er konnte überzeugt sein, daß er sich augenblicklich vor den Venezianern nicht zu fürchten hatte. Doch fürchtete er, die Signorie könnte so lange auf den Großwesir einwirken, bis ihr die Türken zuletzt doch willfahrten; außer­dem war ihm klar, daß er in der türkischen Hauptstadt für den Kaiser keinen Dienst mehr leisten und schon wegen der großen Kosten hier nicht bleiben konnte. Der Zehnerrat in Venedig schmiedete neue Pläne und wollte wissen, wann Cernovic die Absicht habe, aus Konstantinopel ab­zureisen 275). Anfang Februar 1564 verschwand der Agent aus der türkischen Haupt­stadt, wo er seine Gemahlin Jovanka und die Kinder zurücklassen mußte 276). In Dubrovnik blieb er längere Zeit. Cernovic erkannte nämlich die Notwendigkeit, für die weitere regelmäßige Berichterstat­tung aus Konstantinopel zu sorgen, und erachtete zunächst Dubrovnik als den geeignetesten Platz für die Vermittlung von Neuigkeiten. Durch diese Stadt kamen alle, die nach Konstantinopel reisten oder von dort zurückkehrten, sei es aus Spanien, Frankreich oder Italien. Auch etwaige Vorbereitungen zum Krieg in Bosnien konnten ehestens über Dubrovnik erfahren werden. Denn ihre Mitbürger, die als Kaufleute in Ofen, Pest, Gran, Temesvár und bis nach Fülek und Fünfkirchen (Pécs) und in allen Balkanländern, bis nach Konstantinopel, weilten, waren verpflich­tet, der Republik von allen Geschehnissen zu berichten. Mit einer Brigan­tine könnte man zweimal monatlich Schreiben in drei bis vier Tagen aus Dubrovnik nach Senj oder Rijeka befördern. Daher müsse man hier eine fähige und verläßliche Person finden, die sich gegen einen Jahresgehalt von 200 Scudi verpflichtete, die zwischen dem kaiserlichen Hof und Konstantinopel laufende Korrespondenz zu übernehmen, beziehungsweise abzusenden, aber auch Neuigkeiten zu melden, die man in Dubrovnik erfahre 277). Cernovic stellte fest, daß die Venezianer Anstalten trafen, ihn festzunehmen. Daher fuhr er nach Apulien und begab sich nach Neapel, ins Hoheitsgebiet des spanischen Königs. Von dort reiste er nach Rom und wollte weiter nach Mailand, um befreundete Kaufleute aufzusuchen und sich mit ihnen über seine weitere Tätigkeit zu beraten. Auf der Reise erfuhr er, daß die Venezianer an zwei Orten einen Hinterhalt vorbereitet hatten. Zu seinem großen Glücke begegnete er unerwartet dem einstigen Konstantinopeler Gesandten Auger Busbek, der ihn sofort erkannte und dringend aufforderte, sich direkt an den kaiserlichen Hof zu begeben. Dort werde man ihn wegen seiner Fähigkeiten sogleich in den Dienst aufneh­men und im diplomatischen Verkehr mit der Hohen Pforte verwen­275) 1563 Juli 28, ebenda; Lamansky Secrets 73. 276) 1564 Februar 20: Turcica 18. 277) 1564 April 18, ebenda. 14*

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