Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
NECK, Rudolf: Sammelreferat. Zeitgeschichte
440 Literaturberichte weitgehende Abhängigkeit der Akademie in allen Hauptbelangen vom zuständigen Ministerium lockerte sich mit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Die größere Autonomie zeigt sich auch um die Jahrhundertwende in dem der konservativen Behörde entgegengesetzten Interesse an den „modernen“ Bestrebungen der Sezession. Einen einschneidenden Rückschlag bedeutete der erste Weltkrieg, doch war die Situation nach 1945 weitaus problematischer und erforderte ein Höchstmaß an Energie, sollte die Akademie weiterhin ihren Aufgaben gerecht werden. Die Agenden wurden ja speziell im 20. Jahrhundert um ein Beträchtliches vermehrt, da „Randgebiete“ der drei vereinigten Künste — wie Bühnenbildnerei und Konservierung — intensiviert und zu Meisterschulen erhoben wurden. Von Anbeginn an betonte man die enge Zusammengehörigkeit der drei wichtigsten Kunstzweige, der Malerei, Bildhauerei und Architektur. Das zähe Festhalten an der Berechtigung, für die Ausbildung der Architekten verantwortlich zu sein, bedingte die nie endende Auseinandersetzung, ja Gegnerschaft mit dem 1815 konstituierten Polytechnicum (Technische Hochschule), die sich wie ein roter Faden durch die wechselvolle Geschichte der Akademie zieht. (Heute besteht zusätzlich die Möglichkeit, das Architekturstudium an der Hochschule für Angewandte Kunst zu absolvieren). Ähnlich hartnäckig verteidigte man das Unterrichtsprinzip der Meisterschulen, des Atelierbetriebs, der dem Lehrer bei einer relativ geringen Anzahl von Schülern eine wesentlich intensivere Beschäftigung mit dem einzelnen Studierenden gestattet und den persönlichen Kontakt vertieft. W. schreibt keineswegs „trockene Schulgeschichte“; geschickt verbindet er eigene Aussage mit der Sprache der Quellen und erreicht so eine Lebendigkeit des Dargebotenen, die stets die Aufmerksamkeit des Lesers wachhält. Nicht fehlen darf ein Wort der Anerkennung für den 130 Seiten umfassenden Anhang, der in 6 Abschnitten (Leitung und Schulen, Hilfsfächer, Lehrpersonen, akademische Räte, wirkliche Mitglieder, Ehrenmitglieder) eine unendlich mühsame und zeitraubende Arbeitsleistung erkennen läßt. Daran schließen sich Personen-, sowie Orts- und Sachregister und eine instruktive Bilddokumentation. Mit dieser Publikation erstellt W. die grundlegende Voraussetzung, die Basis für eine noch ausständige Würdigung der künstlerischen Ausstrahlung einer bedeutenden Kunstinstitution. Der hervorragenden histo- riographischen Leistung sollte als Pendant die kunsthistorische Erschließung folgen. Christiane Thomas (Wien)