Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

STAUDINGER, Anton: Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei in Österreich (1930–33)

302 Anton Staudinger zusammengesetzt war, konnte zwar behindert41), aber nicht verhindert werden. Über den Kampf Vaugoins gegen die Parlamentskommission und deren schließlich doch erreichte Auflösung wird noch zu berichten sein, ebenso über die Bemühungen Vaugoins, alle bürgerlichen (meist groß­deutsch eingestellten) Offiziere, die vorerst an der Umgestaltung des Heeres mitgewirkt hatten, im Wehrbund zu organisieren 42). Die mit Hilfe ausgezeichneter und ergebener Mitarbeiter wie General d. Inf. Arthur Schiebel43) und dem Leiter der Rechtsabteilung im Heeresministerium, Dr. Robert Hecht44), durchgesetzte Umgestaltung des Bundesheeres zu einem verläßlichen Instrument christlichsozialer Politik brachte Vaugoin starken persönlichen Anhang in allen jenen Kreisen, die besonders seit den Juliereignissen 1927 eine rasche und völlige Ent­machtung der Sozialdemokratischen Partei forderten, zumal kein anderer bürgerlicher Politiker auf vergleichbare Erfolge gegenüber dieser Partei hin weisen konnte. II Als im April 1929 in den Bemühungen um eine Regierungsbildung Vaugoin zugunsten eines besseren Verhältnisses zur Sozialdemokratischen Partei aus dem Heeresministerium entfernt werden sollte ’), und dieser Schritt bei einem Teil der Christlichsozialen Partei sogar Zustimmung gefunden hatte ä), setzten jene christlichsozialen Politiker, die einen ver­stärkten Kampf gegen die Sozialdemokratische Partei als notwendig erachteten, den Verbleib Vaugoins als Minister für Heereswesen durch, da dessen Entfernung durch eine verringerte Opposition der Sozialdemo­kratie in keiner Weise aufgewogen werden könnte * 2 3). Nach dem Scheitern der Regierung Streeruwitz in der Behandlung der von Seipel und den Heim wehren geforderten Verfassungsreform, die das bestehende parla­mentarische System entscheidend verändern hätte sollen 4), nahm Schober 41) H u e m e r Hecht 152 ff. 42) Zu den Auseinandersetzungen des Österreichischen Heeresoffiziersver­bandes mit dem Wehrbund siehe KA BH Ministeradjutantur 1237/1933. 48) H a a s Militärpolitik 144. 44) H u e m e r Hecht 78 ff. 4) Leopold Kunschak Österreich 1918—1934 (Wien 1934) 105 f; Ernst Streeruwitz Springflut über Österreich. Erinnerungen, Erlebnisse und Gedanken aus bewegter Zeit 1914—1929 (Wien—Leipzig 1937) 394 f. 2) Waltraud B a r i 1 Ernst von Streeruwitz — ein österreichischer Politiker der Ersten Republik (phil. Diss. Wien 1965) 167. 3) Tagebucheintragung Richard Schmitz’ vom 22. April 1929; siehe Fritz Braun Der politische Lebensweg des Bürgermeisters Richard Schmitz (phil. Diss. Wien 1968) 154. 4) Vgl. Ignaz Seipel Der Kampf um die österreichische Verfassung (Wien—Leipzig 1930) 113—243 und Johann Auer Seipels Verhältnis zur Demo­kratie und autoritären Staatsführung (phil. Diss. Wien 1963) 112 ff.

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