Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

GARMS-CORNIDES, Elisabeth: Marginalien des 18. Jahrhunderts zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian

Marginalien des 18. Jhdts. zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian 145 Gelehrsamkeit 81). Was die Einstellung zur Religion und zu den aktuellen Fragen der Kirchenpolitik betrifft, modifizieren unsere Marginalien ein wenig das Bild des gemäßigt-konservativen Sperges und rechtfertigen um so mehr das Lob, das ihm der radikale Jansenist Wittola gespendet hat 82 *). Neben den schon genannten ungeduldigen Äußerungen über Firmians kirchenpolitische Ansichten sei der Satz zitiert, die Kirche „capite ... tam parum indiget visibili quam bene constituta res publica“ 8S). Vor allem aber machen die Notizen am Rande der beiden Biographien des Grafen Firmian klar, was Sperges selbst als das Hauptanliegen seiner Tätigkeit im Dipartimento d’Italia ansah: die Reform von Wissenschaft, Kunst und Unterricht in der Lombardei, für die er, Sperges, verantwort­lich zeichnet. Ist nicht etwa sein Amtsantritt als Nachfolger Giustis die eigentliche Epoche, mit der „l’instaurazione degli studi, delle scienze e arti“ beginnt 84)? Meist läßt Sperges zwar seine eigenen — unzweifelhaft bestehenden — Verdienste hinter denen des Dipartimento schlechthin zurücktreten 85), nur selten betont er seine eigene Initiative so energisch wie zum Beispiel in einem Schreiben an den Bruder von 1779 86). Der testamentarische Wunsch, seine Briefe an italienische Gelehrte mögen im Druck erscheinen, fügt sich ausgezeichnet in das Bild. Aber nicht nur die Briefe, auch die zahlreichen Inschriften, die der begeisterte Lateiner 81) Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Protokolle der Innsbrucker gelehrten Gesellschaft, der Academia Taxiana, die erstaunlicher­weise von Pascher nicht herangezogen wurden. Noch vor seiner Aufnahme (am 10. Jan. 1751) beteiligt sich Sperges an der von Roschmann angeregten Diskus­sion über den heiligen Cassian, Bischof von Säben (Innsbruck, Bibi. Ferd. Dipaul. 1230/XI fol. 71, 76 v, 85 v, 94), er diskutiert über Tartarottis Hexenbuch (ebd. fol. 91) und kritisiert ein schlechtes kirchenrechtliches Werk (ebd. fol. 67). Wäh­rend Sperges 1752 den Sitzungen regelmäßig beiwohnt und selbst oft Protokoll führt, beschäftigt sich die Academia Taxiana intensiv mit den Kontakten, die der ebenfalls der Akademie beigetretene Kardinal Quirini zum protestantischen Deutschland pflegt (ebd. fol. 113 v ff). Selbstverständlich hat Sperges in diesem Kreis viel Interesse für seine landeskundlichen Forschungen und für seine wohlkomponierten lateinischen Inschriften vorgefunden, wie zahlreiche Proto­kolle beweisen. 82) Marcanton Wittola in Neueste Beiträge zur Religionslehre und Kir­chengeschichte 2 (1791) 837, 847. Siehe dazu L e n t z e Sperges 401 ff. 83) M/V illa Vita 15. 84) So ist wohl eine Zeittabelle M/'A reo Elogio 68 zu verstehen. Wenn auch Sperges’ Vorrücken auf den entscheidenden Posten (1766) nicht ausdrück­lich genannt wird, so kann man doch aus der Aufstellung ablesen, daß weder „La pace ristabilita in Italia — 1748“, noch „II principe Kaunitz fatto gran Cancelliere per l’Italia — 1757“, noch „II Conte Firmian Ministro plenipoten- ziario — 1759“ ausschlaggebend waren, und sich darauf seinen Reim machen. 85) Vgl. den allerdings sehr rhetorischen Brief Sperges’ an Villa: „Quae de meo rei Insubriae procurandae studio praefaris, lubens admitto, nam ad officii mei partes spectat“. Sperges Centuria 171 epist. 91. 86) Zit. bei Pascher Sperges 70. Mitteilungen, Band 23 10

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