Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

GARMS-CORNIDES, Elisabeth: Marginalien des 18. Jahrhunderts zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian

Marginalien des 18. Jhdts. zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian 143 Ein abschließendes Urteil über den Mann, mit dem er fast zwanzig Jahre lang dienstlich — wenn man von Kaunitz absieht — in erster Linie zu tun hatte, will uns Sperges nicht geben. Arcos Idee, Firmian ein Denkmal zu errichten, findet er „buona e giusta“, aber er verspricht sich nicht viel erbauliche Wirkung davon. „Dalia effigie non si apprende nulla, e meno ancora da quella del Co. Firmian, la di cui fisionomia non annunziava l’uomo grande“ n). Wenn im ganzen die scharfe, negative Kritik bei weitem überwiegt, so soll doch nicht vergessen werden, was Sperges an Firmian schätzte: den redlichen, gütigen, bescheidenen Beamten, der sich nie als „uomo di Stato“ in Szene setzte71 72); den Gelehrten und Büchernarren, der ihm auch hin und wieder eine Neuerscheinung zukommen ließ73); den Mäzen, der der Kultur des Landes, in dem er eingesetzt war, volles Verständnis entgegenbrachte — ein Gefühl, in dem sich Sperges mit Firmian einig wußte74); den Generationsgenossen schließlich, der die Politik Josephs II. nicht wirklich billigte und sich daher nicht des allerhöchsten Wohlwollens erfreute75). Fassen wir all das zusammen, so kommen wir der knappen 71) M/A reo Elogio 83. 72) M/Arco Elogio 25: „probo, dotto...“; ebd. 45 zum Verhältnis Firmians zu Erzherzog Ferdinand: „non si accostava del giovane principe coll’aria del- l’uomo di Stato, e dei confidente della Sovrana, ma sempre con quella di corteggiano, ceremonioso, timido, e pieno di sommissione“. M/A reo Elogio 59 zu Firmians Gastfreundlichkeit. 7S) Pascher Sperges 61. Bei den beiden genannten Büchern handelt es sich wohl um zwei Werke des Theologen Tamburini. Siehe Brief Sperges’ an Firmian (1781 Okt. 1), in dem er für deren Übersendung sowie für Firmians Ausführungen dazu dankt und versichert, daß er sich damit beschäftigen werde: Trento, Bibi. Com. Ms. 714 fol. 6. 74) Unter den Eigenschaften, die für den Posten in Mailand notwendig waren, und die Firmian besaß, „si contava quasi per lo principale la cognizione della lingua e del genio nazionale dell’Italia“ (M/A reo Elogio 33). Auffallend ist die Parallele zu Maria Theresias Instruktion für Leopold (1765): „Vous vous conformerés au génié et aux Coutumes de la Nation...“. Adam Wandruszka Zur Vorgeschichte des Josephinismus. Maria Theresias Instruktion für Leopold von Toskana im Jahr 1765 in Historica. Studien zum geschichtlichen Denken und Forschen, hg. von Hugo Hantsch, Eric Voegelin und Franco Valsecchi (Wien 1965) 139. Wir dürfen bei dieser „Nation“ natürlich nicht an die italienische Nation im Sinn des Risorgimento denken. Die Vorstel­lung einer „Mailändischen Nation“ (Brief Sperges’ an seinen Bruder Norbert, zit. bei Pascher Sperges 74 Anm. 2) oder einer toskanischen Nation, wie er in Maria Theresias Instruktion impliziert ist, verweist uns auf die Bedeutung dieser „nazione“: sie ist im 18. Jahrhundert eine Idealvorstellung geistig-kultu­reller sowie ethischer Prägung. „La coscienza nazionale come fatto morale ... che si manifestava in tutti i campi della cultura...“. Franco Valsecchi L’Italia nel Settecento 1714—1788. Storia d’Italia illustrata Mondadori (Milano 1959) 951. 75) Eine bittere Bemerkung über Joseph II. z. B. M/Arco Elogio 80: der Monarch verstünde es „combinare ... la ricompensa coll’economia“. In M/V i 1-

Next

/
Oldalképek
Tartalom