Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)
BENNA, Anna Hedwig: Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit. Eine Titelstudie
Von der erzherzoglichen Durchlaucht zur kaiserlichen Hoheit 5 „eminenten Vorrechte einer unbeschränkten Machtvollkommenheit“ aus, welche bisher auf die Hausprivilegien gegründet waren. Aus dieser späten Äußerung läßt sich die Bedeutung, welche die Hausprivilegien in den frühen Jahrhunderten der Neuzeit für das Haus Österreich besaßen, ermessen. In den zum Unterricht des Erzherzogs Joseph in der inneren Verfassung der Erbländer bestimmten, von Karl Hieronimus Holler von Dobl- hof 17) verfaßten und vermutlich von Christian August Beck 18) redigierten und neu bearbeiteten Kompendien wurde der Wert der Hausprivilegien noch sehr hoch veranschlagt. Die Hausprivilegien bestanden im 18. Jahrhundert in: Independenz des Erzherzogs vom römischen Reich, da die Dependenz vom Reich nur im lehensherrlichen Nexus bestand, wobei der Erzherzog keineswegs verpflichtet war, die Belehnung außerhalb der Grenzen seines Landes zu suchen oder zu nehmen. Zum Besuch oder zur Beschickung von Reichstagen bestand für ihn keine Verpflichtung. Besuchte er doch einen Reichstag, so hatte er Anspruch auf den wurde 22). Der Erzherzog mußte niemandem vor den Reichsgerichten ant- genten, Reichsanschlägen, Kammerzieler und ähnlichen Abgaben — seine Verpflichtung beschränkte sich, nur für den Fall eines Kriegs mit Ungarn, auf die Stellung von zwölf Bewaffneten auf einen Monat* 20). Das Land des Erzherzogs stellte ein territorium clausum dar, denn auf österreichischem Boden durfte weder das Reich jemanden belehnen noch durften auswärtige Fürsten Lehen in Österreich besitzen, die sie nicht vorher vom Erzherzog zu Lehen genommen hatten21). In Österreich durfte keine Gerichtsgewalt ausgeübt werden, die nicht vom Erzherzog hergeleitet wurde22). Der Erzherzog mußte niemandem vor den Reichsgerichten antworten, er konnte einen seiner eigenen Vasallen zur Entscheidung des Rechtsstreites bestellen23). Die Souveränität eines Erzherzogs erstreckte sich so weit, daß er in seinem Land nach freiem Belieben schalten und walten durfte, ohne daß Kaiser und Reich etwas änderten 24). Kaiser und Reich waren zum Beistand für den Erzherzog gegen seine Feinde und Beleidiger verpflichtet25). Der Erzherzog hatte sich aller jener Vorzüge und Privilegien zu erfreuen, welche andere Reichsstände jemals erwarben 17) Zu Karl Hieronimus Holler von Doblhof vgl. B e n n a in MÖStA 20, 172—174. i«) B e n n a in MÖStA 20, 137, 143, 144, 148. — Zu Beck vgl. oben Anm. 11. 19) HHStA Handschrift W 28 pag. 97; Österreichische Nationalbibliothek (=ÖNB) Handschriftensammlung (= HSS) ser. n. 12041 § 56. 2») HHStA Handschrift W 28 pag. 98; ÖNB HSS ser. n. 12041 § 57. 21) HHStA Handschrift W 28 pag. 100; ÖNB HSS ser. n.; 12041 § 58. 22) HHStA Handschrift W 28 pag. 101; ÖNB HSS ser. n. 12041 § 59. 22) HHStA Handschrift W 28 pag. 101; ÖNB HSS ser. n. 12041 § 59. 21) HHStA Handschrift W 28 pag. 101; ÖNB HSS ser. n. 12041 § 60. 25) HHStA Handschrift W 28 pag. 102; ÖNB HSS ser. n. 12041 § 61.